Zwei Millionen Muslime auf Wallfahrt in Mekka
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Saudi-Arabien, das sich selbst als „Hüterin der Heiligen Stätten“ preist, hat sich wie immer generalstabsmäßig auf das Großereignis in der Wüste vorbereitet. Die Hadsch-Wallfahrt gehört zu den fünf Grundpflichten im Islam; jeder Muslim soll sie mindestens einmal im Leben durchführen. Am 14. August geht die diesjährige Hadsch zu Ende.
Auf Einladung des saudischen Königs Salman sind diesmal auch die zweihundert Angehörigen der Todesopfer von Christchurch in Mekka: 51 Menschen waren im vergangenen März bei Anschlägen in zwei Moscheen der neuseeländischen Stadt ums Leben gekommen. Der Soziologe Renzo Guolo aus Padua würdigt die nicht nur religiöse, sondern auch soziale Bedeutung der Hadsch. Sie ist es, die aus den über die ganze Welt zerstreuten Muslimen erst eine „umma“, eine Gemeinschaft macht.
„Sich zu treffen und gemeinsam bestimmte Riten durchzuführen, bedeutet für die Muslime, die Einheit der Gläubigen und die Gemeinschaft im Glauben zu unterstreichen. Gleichzeitig werden hier auch soziale Unterschiede bedeutungslos. Wenn der König dieses Jahr Muslime aus Neuseeland eingeladen hat, dann macht er damit deutlich, dass es überall in der Welt Muslime gibt und dass sie zu einer Gemeinschaft gehören. Das hat also eine soziale und eine religiöse Bedeutung…“
Am Schluss der Wallfahrt steht das „id al-adha“, das Opferfest. „Es erinnert an die Geste Abrahams; die Muslime reihen sich damit bewusst in die abrahamitische Tradition ein und unterstreichen, dass der Islam zur gemeinsamen Wurzel der Religionen in Abraham gehört. Man unterschätzt oft diese Tatsache, dass die drei großen Religionen Christentum, Judentum und Islam diese Verwurzelung in Abraham gemeinsam haben.“
Aufs Handy verzichten?
Eine islamische Akademie hat die Teilnehmer der diesjährigen Hadsch gebeten, während der Wallfahrtstage ganz auf ihr Handy zu verzichten. „Für die Pilger bringt die Teilnahme eine einheitliche weiße Kleidung mit sich: Alle ziehen dasselbe an, das ist so, als würde sich der Gläubige aller Dinge entäußern. In dieser Sicht sind Smartphones also Quellen der Ablenkung vom Element des Mystischen, das die rituale Praxis mit sich bringt.“
Papst Franziskus hat in diesem Jahr schon zwei Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit besucht, ja mit seiner Visite in Abu Dhabi im Februar sogar als erster Papst der Geschichte die arabische Halbinsel betreten. Guolo hält es für eine wichtige Geste, dass der Papst sich bei diesen Reisen gemeinhin als „Pilger“ bezeichnet.
Der Papst und der Pilger
„Papst Franziskus zeigt damit deutlich seine Absicht, keine Konflikt-Elemente zwischen den Religionen zuzulassen. Niemand soll den Namen Gottes – erst recht nicht eines gemeinsamen Gottes – als Element missbrauchen, um die religiöse Identität des anderen zu negieren. Dass er sich als Pilger kennzeichnet, ist eine Haltung der Demut, aber sicher kein Verzicht auf die eigene Identität. Es gibt verschiedene Religionen, und wir wissen, dass es nicht einfach ist, sie auf einen Nenner zu bringen – aber in der Praxis, in der Anerkennung bestimmter Werte ist alles viel einfacher als im Gespräch über theologische Differenzen. Dem Papst geht es um die Gemeinsamkeit der Religionen, was Werte betrifft.“
(vatican news)
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