Venezuela: Nicht Leben - Überleben
Claudia Kaminski - Vatikanstadt
Der politische Machtkampf zwischen Maduro, der sich an die Macht klammere, und Guaidó zermürbe das Land, sagt Narvaez. Die Lebensqualität der Bevölkerung sinke seit Jahren, da schlechte ökonomische Maßnahmen getroffen und umgesetzt worden seien: „Außerdem kümmert sich der Staat nicht um das Gemeinwohl seiner Bürger, sondern die Regierenden sind nur auf ihr eigenes Wohlergehen bedacht.“
Das habe auch dazu geführt, dass sich der Alltag der Venezolaner grundlegend verändert habe. „Manche sagen, dass sie nicht leben, sondern nur überleben. Einfache Dinge wie im Supermarkt einkaufen zu gehen, Medikamente zu kaufen, zur Schule zu gehen, zur Arbeit zu fahren, sind eine große Hürde.“ Und ein weiteres großes Problem sei, dass nicht alle Hilfsgüter zu denjenigen durchgelassen werden, die sie am dringensten benötigen. Auch der Strom fehle manchmal, sodass alles zum Stillstand komme, klagt Narvaez.
20 Stunden anstehen für Benzin
Viele Kinder könnten nicht zur Schule gehen, weil Hefte, Stifte oder gar Kleidung fehlten. Der Hauptgrund sei jedoch, dass viele Familien kein Essen kaufen könnten und deshalb nicht wollen, dass ihre Kinder hungrig zur Schule gehen und es dort auch keine Mahlzeiten gebe. Auch der Weg zur Arbeit sei problematisch, da zu wenig öffentliche Verkehrsmittel vorhanden seien. Wer ein Auto habe, müsse damit rechnen, bis zu 20 Stunden anzustehen, wenn es tatsächlich einmal Benzin gebe.
Auch in ihrer eigenen Ausbildung sind die Folgen der Krise spürbar: „Ich bin Studentin, und auch in der Universität sind die Folgen der politischen Lage spürbar, denn Kurse fallen aus und Dozenten verlassen Venezuela, da sie sehr wenig verdienen. Weil oft für mehr Gehalt gestreikt wird, fällt dementsprechend viel Unterricht aus.“ In ihrem Alltag sei es eben so, dass sie im Supermarkt entweder nicht das bekäme, was sie bräuchte, oder die Preise seien zu hoch.
Die junge Frau hat auch Angst, dass diese Situation noch länger anhält und meint: „Besonders schlimm ist es, dass die Leute wegen Unterernährung sterben, sie keine lebensnotwendigen Medikamente bekommen, die Kinder keine Bildung erhalten und ihnen somit eine bessere Zukunft verbaut ist.“ Ohne Bildung und Ausbildung werde es schwer sein, die politische Lage zu verbessern, die Wirtschaft zu stabilisieren und wieder zu einem normalen Alltag zurückzufinden.
Not lehrt Beten
Auf die Frage nach den Wünschen der Einwohner ihrer Heimat sagt die Studentin: „Wir wünschen uns, ein normales Land zu haben, in dem sich die Leute nicht Tag für Tag sorgen müssen, dass sie genügend Essen haben. Wir wünschen uns ein freies Land, in dem verschiedene Meinungen toleriert und Menschen nicht wegen ihrer politischen Ansicht verfolgt und getötet werden.“ Sie hoffe auch, dass viele Venezolaner wieder in ihre Heimat zurückkehren, dass die Menschenrechte respektiert werden und es Gerechtigkeit gebe.
Eines ist ihr zum Schluss noch wichtig - es werde mehr gebetet in der Not: „Für mich ist es beeindruckend, dass sie ihren Glauben an Gott, ihre Hoffnung und ihre Fröhlichkeit, in Anbetracht der schlimmen humanitären und politisch komplizierten Situation, nicht verlieren. In dieser Zeit merkt man, dass die Menschen sehr großzügig zu anderen sind und ihnen das geben, was sie selbst dringend bräuchten.“
(vaticannews)
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