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Der Brexit naht, was nun? Der Brexit naht, was nun? 

EU/Großbritannien: „Überhaupt nicht froh über Brexit“

An diesem Freitag ist es soweit: Großbritannien tritt dann offiziell aus der Europäischen Union aus. Wie wird der nahende Brexit von den Briten wahrgenommen? Unsere Kollegen vom Kölner Domradio sprachen darüber mit Johannes Arens, Domkapitular in Leicester in England.

Anglikaner-Primas Justin Welby hat kurz vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union zum Gebet für Versöhnung in seinem Land aufgerufen. Man solle mit jenen fühlen, die wegen der Brexit-Entscheidung trauern, heißt es nach Angaben des Evangelischen Pressediensts in einem vom Erzbischof von Canterbury auf Twitter veröffentlichten Gebet.

Zum Nachhören

Der anglikanische Domkapitular von Leicester, Arens, betont jedoch, er sei überhaupt nicht froh über den Brexit, weil „noch lange nicht“ Klarheit herrsche, was jetzt kommen wird. Innerhalb eines Jahres soll es gemäß der Austrittsregelung zu einem Vertragsabschluss kommen. „Wie das geschehen soll, weiß auch keiner“, sagt dazu Arens. Seiner Meinung nach wäre „die beste der schlechtesten Lösungen“ das Norwegen-Modell. „Das hieße ein offener Markt.“ Und das wäre zumindest ein erzielbares Resultat, fügt er an. Doch die Briten wollten nun die größtmögliche Unabhängigkeit und gleichzeitig eine offene Grenze in Nordirland. Diese beiden Wünsche seien aber derzeit eben noch Wunschvorstellungen. „Ich bin auch nicht davon überzeugt, dass dies innerhalb eines Jahres verhandelbar ist“, sagt der Domkapitular der anglikanischen Kirche in Leicester.

Auf der anderen Seite sei eine Erleichterung spürbar, dass „endlich die Debatte vorbei ist“. Das Thema Brexit sei aber ein Tabu, weil die Gesellschaft darüber gespalten sei und man wisse nicht, „wie und was mein Gegenüber darüber denkt“. Jeder lebe wie in einer Blase und das sehe man auch in den „social media“ wie Facebook und Twitter. Dort werde man entweder mit Gedanken konfrontiert, die die eigene Meinung bestärken - oder müsse den Hass der Andersdenkenden erleben.

„Mit wenigen Ausnahmen kenne ich Leute, die für den Brexit gestimmt haben und das finde ich sehr merkwürdig“, stellt Arens fest. Große Sorgen bereite ihm bei einem „No deal“, die Einführung einer „harten Grenze“ in Nordirland. Das könnte dazu führen, dass es wieder Menschen geben wird, die „Bomben in ihren Garagen basteln“. Arens bezieht sich auf den nordirischen Konflikt zwischen Unionisten und Republikaner. Die einen – die Unionisten – wollen die volle Einheit mit Großbritannien, während die Republikaner die Vereinigung mit Irland wünschen. Früher war damit auch ein konfessioneller Konflikt zwischen Katholiken und Anglikaner verbunden. Niemand wünsche und hoffe, dass dieser alte Konflikt wieder aufflamme.

(domradio - mg)

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30. Januar 2020, 11:13