Jemen/UNO: Geberkonferenz mit hochgesteckten Zielen
Ein Hilfsfonds von 2,5 Milliarden Dollar muss gefüllt werden, um dem Jemen dabei zu helfen, eine der größten humanitären Krisen unserer Zeit abzuwenden. Die formal von den Vereinten Nationen und Saudi-Arabien organisierte Videokonferenz wird versuchen, diese Summe unter Beteiligung der Internationalen Gemeinschaft aufzubringen – eine humanitäre Anstrengung, die ihresgleichen sucht und doch bitter nötig ist. Seit 2014 tobt in dem Land ein heftiger Bürgerkrieg unter internationaler Beteiligung, und nun sind auch die ersten Corona-Todesopfer zu beklagen. Ein Mehrfrontenkrieg, der wie immer die besonders Schwachen und Verletzlichen trifft.
Erst 15 Prozent der avisierten Summe gesammelt
Schätzungen zufolge sind 24 Millionen Menschen in dem Land - das entspricht 80 Prozent der Bevölkerung - von Nothilfe abhängig, und allzu oft kommt es vor, dass die Mittel, die für die Hilfsleistungen geplant sind, nicht vollständig eingeworben werden können. So geschehen dieses Jahr, als die Vereinten Nationen über 3 Milliarden Dollar vorgesehen hatten – aber bis vergangene Woche nur etwa 15 Prozent dieser Summe von Gebernationen einwerben konnten. Denn auch die stehen unter Druck: Der Einbruch der Wirtschaftsleistung infolge der Covid-19-Pandemie und der niedrige Ölpreis haben bereits zur Kürzung oder gänzlichen Einstellung verschiedener humanitärer Programme geführt: 30 der 41 Programme der Vereinten Nationen im Jemen riskieren das Aus, mit schwerwiegenden Folgen für die von der Hilfe abhängige Zivilbevölkerung.
„Die Coronavirus-Pandemie brach vor drei, vier Monaten aus“, erläutert gegenüber Radio Vatikan Andrea Iacomini, Pressesprecher für UNICEF Italien. „Und im Jemen leidet eine halbe Million Menschen unter schwerer Unterernährung. Es ist ein Land, in dem 8.600 Kinder getötet oder verwundet wurden, weitere 3.000 wurden als Soldaten rekrutiert. Das Problem ist, wenn eine humanitäre Krise von der Internationalen Gemeinschaft vergessen wird, dann ist es schwierig, Aufmerksamkeit für die Krise zu wecken und Hilfsleistungen ins Land zu bringen. Das ist es, was in den ersten Jahren mit Syrien passiert ist, und dasselbe droht diesem Krieg im Jemen, der nichts anderes als ein neues Syrien ist.“
Extrem hohe Todesrate
„Wenn wir die Gelder, die es braucht, nicht einwerben, und wenn nicht noch mehr unternommen wird, um das Virus zu bekämpfen, dann droht dem Jemen der Kollaps“, betonte Lise Grande, humanitäre Koordinatorin der Vereinten Nationen für das Land. Jüngsten Erhebungen zufolge verzeichnet der Jemen 323 Infizierte und 80 Todesopfer. Eine extrem hohe Todesrate also, die darauf hinweist, dass die Dunkelziffer der Infektionen weitaus höher liegt. Selbst die Huthi-Rebellen, die die Hauptstadt Sana’a kontrollieren, hatten jüngst anerkannt, dass in einigen der von ihnen kontrollierten Regierungsbezirke das Virus grassiere, obwohl sie sowohl die von der Weltgesundheitsorganisation zur Verfügung gestellten Tests als auch die Daten, die die international anerkannte Regierung des Präsidenten Abd-Rabbu Mansour Hadi, als nicht gültig erachten.
Krieg und Covid-19: eine tödliche Gemengelage
„Wir von UNICEF haben 50 Millionen Dollar gefordert, um nicht nur die Nothilfe mit Bezug auf die Bedürfnisse eines Landes zu finanzieren, in dem sanitäre Einrichtungen, Schulen und Krankenhäuser bombardiert wurden und deshalb auf dem gesamten Gebiet nur sehr eingeschränkt funktionieren, sondern auch die Bedürfnisse, die mit dem Ausbruch von Covid-19 bei Kindern und in der Gemeinschaft zusammenhängen“, erklärt Iacomini weiter.
Erst vor einigen Tagen habe ein Flugzeug in der Hauptstadt Sana’a landen können, das dringend benötigte Hilfsmittel geladen hatte, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, darunter Schutzanzüge, Masken, Arztkittel und Handschuhe: „Das sind Hilfsmittel, die den Mitarbeitern im Gesundheitswesen, die rund um die Uhr arbeiten, sich auch dieser Pandemie mit Erfolg entgegenzustemmen. Zur Erinnerung: Der Jemen hatte bereits, neben den Kriegshandlungen, mit anderen Infektions-Krankheiten wie den Masern zu kämpfen. Bei uns können wir diese Krankheiten heilen, aber in diesem Land hat sie eine zerstörerische Wirkung entfaltet.“
(vatican news - mr/cs)
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