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Papst Franziskus und Patriarch Sako I bei einer Audienz Papst Franziskus und Patriarch Sako I bei einer Audienz  

Irak: Enzyklika setzt Akzent der Hoffnung

Angesichts der politischen Spannungen und der Corona-Notlage im Nahen Osten setzt Papst Franziskus’ Enzyklika „Fratelli tutti“ einen Akzent der Hoffnung inmitten von Krise und Not. Das bekräftigt im Interview mit Radio Vatikan der chaldäische Patriarch von Bagdad, Kardinal Louis Raphael Sako.

Antonella Palermo und Anne Preckel

„Es war notwendig, eine andere Stimme zu hören als jene Rufe, die Krieg, Extremismus und Böses säen“, kommentiert der Patriarch die Veröffentlichung von „Fratelli tutti“. Er wertet die Enzyklika als spirituellen Weckruf, der sich an Christen wie Muslime und alle Menschen guten Willens richtet. Der Kardinal nimmt das Lehrschreiben über Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft zum Anlass für einen eindringlichen Appell zu Frieden, Versöhnung und mehr Gerechtigkeit im Irak:

Zum Nachhören - was Kardinal Sako zur neuen Enzyklika sagt

„Es gab genug Krieg, Unterdrückung und Elend. Wir sind keine Feinde, und wir brauchen Vergebung, besonders in unserem Land, wo es nur Rache gibt... Es darf auch keine sehr armen und sehr reichen Menschen geben. Die Menschen müssen ihre Herzen für diese prophetische Stimme öffnen!“

„Die Menschen müssen ihre Herzen für diese prophetische Stimme öffnen!“

Spannungen und Verwirrung im Land

Nach Jahren des Krieges und der Besatzung hat die irakische Gesellschaft heute mit großen Problemen zu kämpfen. Seit Mai hat das Land eine neue Regierung, doch politisch und konfessionell bleibt es gespalten. Christen haben als kleine Minderheit einen schweren Stand, ihre Rückkehr in angestammte Gebiete geht schleppend voran.

Patriarch Sako wird nicht müde, in seinem Heimatland für nationale Versöhnung und interreligiöse Verständigung einzutreten. „Man muss eine geschwisterliche, solidarische, gerechte Gesellschaft schaffen, die alle heilt, nicht nur eine Klasse", bekräftigt er. Auch bemüht er sich um mehr politische Mitsprache der Christen, die unter dem neuen Premier Mustafa al-Kadhimi möglicher scheint. Gegenüber Radio Vatikan schildert er auch die Auswirkungen des internationalen Machtkampfes auf die Region.

„Die Regierung bemüht sich, sie ergreift Maßnahmen gegen Korruption und Waffen, hoffen wir das Beste.“

„Es herrscht Verwirrung, vor allem jetzt politische Verwirrung, und eine sehr starke Spannung im Land zwischen denen, die für den Iran und denen, die für Amerika sind. Dies geschieht nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien, Libyen, Libanon und im gesamten Nahen Osten. Das sind Spannungen, die sehr schlecht für die Bevölkerung sind. Die Regierung bemüht sich, sie ergreift Maßnahmen gegen Korruption und Waffen, hoffen wir das Beste.“

Das Bemühen der Regierung um Aufbau und nationale Einheit zeigte sich zuletzt in vereinzelten Zugeständnissen an Demonstrierende, die im Irak seit rund einem Jahr in mehreren Städten gegen Massenarbeitslosigkeit, Korruption und Ineffizienz im öffentlichen Dienst auf die Straßen gehen. Wirtschaftlich setzte zuletzt auch der niedrige Ölpreis dem Land zu, das seine Einnahmen großteils auf diesen Rohstoff stützt.

Corona-Pandemie verschärft Krise

Verschärft wird die Krise im Irak aktuell durch die Corona-Pandemie, die die Wirtschaft belastet, Menschen in die Armut treibt und das irakische Gesundheitssystem überfordert. „Wir haben 5.000 Infizierte pro Tag“, berichtet Patriarch Sako, „wir haben nicht genug Krankenhäuser, Medikamente, grundlegende Gesundheitsmaßnahmen. Jeder bleibt isoliert in seinem eigenen Haus.“ Insgesamt beläuft sich die Zahl der Infizierten im Irak auf derzeit 370.000 Fälle, mehr als 9.000 Menschen starben bereits an dem neuartigen Corona-Virus.

Das chaldäische Patriarchat habe mit etwa 120.000 Dollar Hilfe geleistet, so Sako. Das Geld solle denjenigen zugutekommen, „die nichts haben“.

Messfeiern wieder möglich

Hoffnung gibt laut dem Kardinal den Gläubigen die Wiedereröffnung der Kirchen seit Sonntag, in denen jetzt unter Berücksichtigung der Corona-Präventionsmaßnahmen wieder Messen gefeiert werden können.

„Es waren etwa siebzig Leute da, die alle mit Begeisterung kamen. Sie dankten Gott für ihre Gesundheit, und wir beteten für das Ende des Krieges und aller Kriege.“

„Sieben Monate lang waren die Kirchen zwar offen, aber Messen und Versammlungen wurden alle ausgesetzt, das galt auch für Moscheen“, berichtet Sako, der am Sonntag in einer kleinen irakischen Gemeinde die Eucharistie feierte. „Es waren etwa siebzig Leute da, die alle mit Begeisterung kamen. Sie dankten Gott für ihre Gesundheit, und wir beteten für das Ende des Krieges und aller Kriege.“

(vatican news – pr)
 

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06. Oktober 2020, 11:12