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Eine Ukrainerin mit einem Kind ist nach dem russischen Angriff in der Slowakei angekommen und wartet an der Grenze in Vysne Nemecke Eine Ukrainerin mit einem Kind ist nach dem russischen Angriff in der Slowakei angekommen und wartet an der Grenze in Vysne Nemecke 

Russland/Ukraine: „Hilfe für die Notleidenden das Wichtigste“

Egal, welche Position man nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vertrete - den Not leidenden Menschen in der Ukraine müsse geholfen werden. Gebet sei und bleibe die mächtigste Waffe der Kirche, sagt uns im Gespräch der Sekretär der katholischen Bischofskonferenz in Russland, P. Stephan Lipke SJ. Die russischen Bischöfe hatten am Donnerstag einen Brief an alle Priester und Gläubigen geschrieben, in dem sie ihren Appell zum Gebet um Frieden wiederholten.

Christine Seuss - Vatikanstadt

„Alles, was in der Ukraine vor sich geht, geht uns allen nahe, den Bischöfen und mir auch, weil wir alle viele Freunde, Bekannte und unsere Katholiken auch Verwandte in der Ukraine haben“, meint Stephan Lipke, der Generalsekretär der russischen Bischofskonferenz, mit Blick auf den Brief der Bischöfe. „Kein Konflikt darf uns gleichgültig lassen, auch wenn er ganz weit weg irgendwo stattfindet, aber die Ukraine ist wirklich ganz, ganz nah für uns. Und damit auch die große Sorge, was wird aus den Menschen? Was passiert? Welche Leiden kommen auf die Menschen auch noch zu in den nächsten Tagen und Wochen? Das ist natürlich das, was uns am meisten bewegt, was die Bischöfe am meisten bewegt“.

„Welche Leiden kommen auf die Menschen auch noch zu in den nächsten Tagen und Wochen?“

Die Bischöfe fanden in ihrem Appell deutliche Worte, sprachen von einer „Konfrontation, die Tod und Zerstörung“ bringe und „die Sicherheit der ganzen Welt“ bedrohe. Sie appellierten an die politischen Verantwortlichen, alles zu tun, um den Konflikt zu beenden und riefen alle Menschen dazu auf, sich Lügen und Hass zu widersetzen und die Versöhnung zu fördern. Insbesondere am Aschermittwoch sollten die Gläubigen dem Aufruf des Papstes folgen und für den Frieden in der Ukraine beten, schrieben die fünf katholischen Bischöfe Russlands in ihrem Statement.

„Ich denke, das Entscheidende ist eben wirklich dieser Aufruf zum Gebet“

Doch im Gegensatz zu den aktuellen Nachrichten in der westlichen Welt fiel dort das Wort „Krieg“ auf auffallende Weise kein einziges Mal. Warum? Dazu meint Lipke: „Ich denke, das Entscheidende ist eben wirklich dieser Aufruf zum Gebet. Zunächst einmal, allen Katholiken geht das Thema nahe. Da kann ich mir in Russland keine Ausnahme vorstellen. Aber die Meinungen darüber, wer ,schuld' ist, wann das angefangen hat und wer angefangen hat, über all das gehen die Meinungen weit auseinander. Man kann sicher verschiedener Meinung sein, was Bischöfe in so einer Situation sagen sollten und was der beste Weg wäre. Aber sagen wir es so, wenn die Aufgabe ist, wirklich alle zum Gebet zu bewegen, dann kann es natürlich nicht die Aufgabe sein, sozusagen die Hälfte der Leute oder wie viele auch immer sofort vom Gebet abzubringen und in Richtung Polemik zu treiben. Und deshalb haben die Bischöfe diese Form gewählt.“

Gebet und nicht Polemik

Die katholischen Gläubigen stellen in Russland nur eine winzige Minderheit, so dass auch die Bischöfe nur „mit sehr leiser Stimme“ sprechen könnten, erläutert Lipke. Vor allem gehe es ihnen mit ihrem Statement darum, alle russischen Gläubigen und ihre Kontakte im Gebet um Frieden in der Ukraine zu vereinen, „hoffentlich auch schon vor Aschermittwoch“, betont der Jesuit.

Auch die russisch-orthodoxe Kirche hatte sich nach längerem Schweigen an diesem Donnerstag sehr besorgt gezeigt. Patriarch Kyrill I. hatte in einer Ansprache betont, er sehe die Ereignisse mit „tiefem Schmerz“ und die Konfliktparteien aufgefordert, alles zu tun, um Opfer unter den Zivilisten zu vermeiden. Erst am Mittwoch hatte Kyrill sich mit einer überaus herzlichen Botschaft an Putin zum „Tag der Verteidiger des Vaterlandes“ gewandt. „Wir spüren in der orthodoxen Bevölkerung vielleicht schon eine stärkere Strömung, wo um Unterstützung für den Donbass geworben wird oder wo es heißt, in der Ukraine würde die Orthodoxie angegriffen und wir müssen sie verteidigen. Es kommt vor, dass Leute sich so äußern, gibt aber auch ganz, ganz andere Stimmungen und ganz andere Meinungen. Was ich insgesamt merke, dass orthodoxe Priester, mit denen ich Kontakt habe, sehr, sehr, sehr deutlich und massiv zum Gebet um den Frieden aufrufen,“ erklärt P. Lipke.

Menschen sind bedrückt

Derzeit ist noch unklar, welche Auswirkungen die Sanktionen für die Bevölkerung zeitigen werden, die die internationale Gemeinschaft gegen Russland auf den Weg gebracht hat. Er habe jedenfalls den Eindruck, dass die Menschen in Moskau, ebenso wie in anderen größeren Städten, sehr niedergeschlagen über die Entwicklungen seien. „Was auch immer das heißt. Man fragt ja in der U-Bahn nicht: ,Warum lassen Sie den Kopf hängen?‘ Das ist ja klar, aber es ist schon auffällig, dass die Leute die Köpfe hängen lassen.“

Unterstützung für den Kurs des Präsidenten gebe es wohl vor allem in der Provinz, mutmaßt Lipke, der betont, dass eine derartige Einschätzung trotz jüngerer Umfragen, in denen es hieß, knapp 73 Prozent der Bevölkerung stünden hinter Putin „sehr schwer“ sei. „Was ich sagen kann, ist, dass es ein ganz weites Spektrum gibt von ganz klarer Unterstützung für den Kurs Putins bis zu eben auch ganz klar und ganz scharf dagegen.“

„Was kann man denn tun, um den Menschen zu helfen? Ganz unabhängig davon, welche Position man einnimmt.“

Diese Spaltung ziehe sich seinem Eindruck zufolge durch alle Konfessionen und alle Bevölkerungsgruppen, meint Lipke. Doch nun sei vor allem eines wichtig: „Was kann man denn tun, um den Menschen zu helfen? Ganz unabhängig davon, welche Position man einnimmt. Aber es leiden Menschen, es verlieren Menschen ihre Heimat, Menschen flüchten innerhalb der Ukraine. Dort hat die katholische Kirche Klöster zur Verfügung gestellt, auch unser Orden hat ein Exerzitienhaus geöffnet für Flüchtlinge innerhalb der Ukraine, aber dann eben auch außerhalb. In Polen zum Beispiel haben die Jesuiten auch angefangen, Häuser herzurichten, und das ist jetzt das, was ich mitbekommen habe. Also Plätze, wo Leute bleiben können und natürlich jede andere Hilfe, materielle Hilfe, spirituelle, soziale Hilfe, Beratung und so weiter. Was immer Menschen brauchen, die jetzt ihre Heimat verlieren, dass wir deren Nöte im Blick haben, das ist in meinen Augen absolut unverzichtbar.“

(vatican news)

 

 

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25. Februar 2022, 16:13