Kritik an türkischem Einmarsch in Nordsyrien
Die deutsche Regierung solle türkische Kriegsdrohungen gegen die kurdischen, aber auch christlichen und yezidischen Volksgruppen in Nordsyrien unmissverständlich verurteilen, fordert der vom deutschen Göttingen aus operierende Verband in einer Stellungnahme. „Präsident Erdogan muss seinen Bündnisverpflichtungen in der Nato nachkommen, ohne dafür mit schweigender Zustimmung zu militärischen Abenteuern belohnt zu werden.“
„Es kann jeden treffen“
Das Entsetzen über Putins Krieg gegen die benachbarte Ukraine sei natürlich groß. „Doch auch die todbringenden Angriffe der türkischen Armee auf wehrlose Zivilisten in kurdischen Gebieten Syriens und des Irak müssen unzweideutig verurteilt werden“, so die „Gesellschaft für bedrohte Völker“. „Auch dort sterben ständig Menschen, herrschen Unsicherheit und Angst: Türkische Kampfdrohnen bombardieren Autos, Dörfer, Bushaltestellen. Es kann jeden treffen – Kinder auf dem Weg zur Schule, Bauern auf ihren Feldern, eine Hochzeitsgesellschaft oder eine Trauergemeinschaft.“
Ethnische und religiöse Minderheiten würden nicht nur vom sogenannten „Islamischen Staat“ bedroht, sie müssten auch tagtäglich Angriffe der türkischen Luftwaffe fürchten. Dagegen müsse es Widerspruch geben: „Die Türkei macht als Nato-Mitglied keinen Hehl aus ihren Plänen, einen breiten Streifen des Nachbarlandes kurdenfrei zu machen und zu annektieren. Das darf nicht sein! Das Völkerrecht muss auch für die kurdische und andere Volksgruppen gelten.“
Wo einst assyrische Christen wohnten
Seit Tagen werden die einst nur von assyrischen Christen bewohnten Dörfer in Tall Tamer im Nordosten Syriens von der türkischen Armee und ihren syrischen islamistischen Söldnern angegriffen. Im vergangen Mai wurden dort insgesamt 17 Dörfer Ziel türkischer Angriffe, so die GfbV. Mindestens 500 Raketen und Artilleriegeschosse seien eingeschlagen; ein normales Leben dort gebe es nicht mehr. Die türkischen Truppen griffen sowohl christliche Kirchen als auch muslimische Moscheen in Nordsyrien an. Außerdem attackierten sie täglich auch Dörfer im Norden von Aleppo, wo kurdische, christliche, alevitische und yezidische Vertriebene aus Afrin Zuflucht gefunden haben.
„Sicherheitszone“
Der türkische Präsident hatte vor laufender Kamera angekündigt, entlang der etwa 900 Kilometer langen türkisch-syrischen Grenze eine 30 Kilometer tiefe „Sicherheitszone“ einzurichten. Große Teile dieses Gebietes hält die Türkei bereits besetzt. Die Minderheiten, die dort ursprünglich lebten, wurden vertrieben.
(gfbv – sk)
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