Erzbischof von Edmonton: Papst als Sprecher der Ortskirche
Edmonton, die Hauptstadt Albertas im Westen Kanadas, ist die erste Etappe der sechstägigen Reise – und zugleich schon eine der intensivsten. Denn gleich der erste Programmpunkt sieht ein Treffen mit Indigenenvertretern im knapp 100 Kilometern entfernten Maskwacis vor. Am Abend (nachts mitteleuropäischer Zeit) wird der Papst dann, wieder in Edmonton, in der Sacred Heart Church of the First Peoples mit katholischen Indigenen zusammentreffen.
Mit Spannung wird erwartet, wie Papst Franziskus sich an die Ureinwohner wenden wird, die auch durch Mitglieder der katholischen Kirche großes Leid und Unrecht erfahren haben. Erzbischof Richard Smith ist jedenfalls davon überzeugt, dass die Bußwallfahrt von Papst Franziskus zu den indigenen Völkern Kanadas das Kirchenoberhaupt einmal mehr als „einen Mann von tiefem Mitgefühl“ zeigen wird, der glaubhaft das Engagement der Kirche dabei demonstriert, den Schmerz der Ureinwohner zu hören und darauf mit Versöhnung und Heilung zu reagieren.
Der Erzbischof der westlichen Stadt Edmonton erinnert in diesem Zusammenhang auch an das Treffen des Papstes mit Vertretern der kanadischen Ureinwohner während eines Besuchs in Rom in diesem Frühjahr. „Was in Rom geschah, war, dass die Delegation der indigenen Völker im Heiligen Vater einen Mann von tiefem Mitgefühl vorfand. Sie sprachen über das, was ihnen auf dem Herzen lag, und sie konnten sehen, dass er sehr aufmerksam zuhörte, nicht nur mit dem Verstand, sondern auch - und das ist noch wichtiger - mit dem Herzen.“
Bei diesem Treffen, so Erzbischof Smith, sprach Papst Franziskus „mit tiefem Mitgefühl“ und machte seine eigene Haltung und die der Kirche „sehr, sehr deutlich“. „Das ist eine Haltung, die den Schmerz hört und darauf mit Heilung antworten will, eine Haltung, die die Rechte der indigenen Völker anerkennt und sie zusammen mit ihnen verteidigen will. Eine Haltung, die die Begabung und die Schönheit der indigenen Kultur und die große Weisheit, die darin liegt, anerkennt.“ Eigentlich könne man, so Erzbischof Smith, die Botschaft des Papstes mit den Worten zusammenfassen: „Die Kirche steht zu euch... Vergesst das nicht, die Kirche steht zu euch!“
Ein Gefühl der Hoffnung und Heilung
Es sei sehr bedeutsam, dass der Papst nach diesem Treffen in Rom nun auch persönlich nach Kanada komme, betont der Erzbischof. Zwar seien aufgrund der großen Entfernungen und der physischen Situation des Papstes nicht viele Begegnungen möglich. „Aber wir wissen, dass wann immer jemand mit dem Heiligen Vater zusammentrifft, vor allem in diesem Fall hier mit Papst Franziskus, ein wundervolles Gefühl von Heilung und Hoffnung aufkommt.“
„Aber noch tiefer“, so Erzbischof Smith weiter, „verstehen wir ihn als den Nachfolger des heiligen Petrus. Und wenn er in ein Gebiet kommt, bringt er sozusagen den Schatten des heiligen Petrus mit sich. Wir kennen das aus der Apostelgeschichte: Schon dieser Schatten brachte Heilung und Hoffnung für die Menschen... Wenn Papst Franziskus in dieses Land kommt, bringt er diesen Schatten mit sich, wohin er auch geht.“
Den indigenen Völkern nahe sein
Die Katholiken in Kanada hätten den festen Willen, den indigenen Völkern ihre Solidarität und Unterstützung zuzusichern, meint Smith weiter. Und: „Es gibt niemanden, der besser geeignet ist, in unser aller Namen zu sprechen, als der Heilige Vater“.
Auch die Bischöfe Kanadas hätten bereits versucht, ihrem Wunsch Ausdruck zu verleihen, „sich den indigenen Völkern anzunähern, mit ihnen zusammenzuarbeiten, gemeinsam mit ihnen zu erkennen, wie wir den verschiedenen Herausforderungen begegnen können, mit denen sie konfrontiert sind, wie wir gemeinsam von ihnen lernen können, von ihrer Weisheit, und wie wir als Land daraus lernen können.“
Der Papst jedoch habe „aufgrund seines Amtes und seiner besonderen Persönlichkeit die einzigartige Fähigkeit, diese Botschaft deutlicher als jeder andere zu vermitteln“. Die Kirche in Kanada sehe den Papst deshalb „sehr stark als Sprecher“, der in der Lage sein werde, ihre eigenen „Gefühle und Hoffnungen“ gegenüber den Ureinwohnern zum Ausdruck zu bringen.
Bedürfnis nach Heilung und Versöhnung
Gleichzeitig, so unterstreicht der Erzbischof, bestehe „das Bedürfnis nach Heilung und Versöhnung überall, weit über diese besondere Beziehung hinaus“: „Wir sehen das sicherlich hier in Kanada, in unserem eigenen Land, mit einigen der gesellschaftlichen Spaltungen, die es hier gibt und die durch die Pandemie zutage getreten sind und sich noch verschlimmert haben, zum Beispiel“. Es gebe ein Bedürfnis nach Heilung in den Familien, ebenso wie in den Herzen der Menschen, einen Bedarf nach Versöhnung mit den eigenen Geschichten, zählt der Erzbischof auf. „Und dann auf unserer Erde, mit dem Krieg in der Ukraine und anderen Vorfällen von schrecklicher Aggression, wo auch immer wir hinschauen, sehen wir Situationen, wo Heilung und Versöhnung benötigt werden.“
Er hoffe und bete, „dass das, was sich hier in Kanada abspielt, wenn wir uns mit dem Thema auseinandersetzen und uns ihm stellen, zusammen mit dem Papst, zusammen mit unseren indigenen Völkern“, dazu beitragen werde, die Probleme anzugehen und vorwärts zu gehen. „Aber mit Gottes Gnade werden wir natürlich auch ein Leuchtfeuer der Hoffnung für unsere Welt.“
Ein schweres Erbe
In Anerkennung des Schmerzes und des Leids, die die Beziehung der Kirche zu den indigenen Völkern seit langem prägen, betont Erzbischof Smith die Notwendigkeit, die Geschichten der Menschen zu hören, den Schmerz und das traumatische Erbe, „das sie und ihre Familien auf verschiedene Weise immer noch belastet“. Dies habe der Papst getan, als er die Delegationen der Indigenen in Rom empfangen habe. Franziskus sei somit gut informiert darüber, womit die Menschen konfrontiert seien – andererseits aber auch, was für Hoffnungen sie für die Zukunft hegten, und dass es ihr Wunsch sei, den Weg der Versöhnung gemeinsam zu gehen.
„Aber was ich hier in Kanada immer wieder höre, ist, dass es viele, viele Dinge gibt, die wir in unserer Vergangenheit anerkennen und aufarbeiten müssen. Dies natürlich in diesem speziellen Kontext oder auch in anderen. Aber es besteht auch das Bewusstsein dafür, dass nur wenige Menschen heute persönlich für das verantwortlich sind, was in der Vergangenheit passiert ist. Es gibt also diesen Sinn dafür, dass es keine persönliche Schuld für das Geschehene gibt. Was wir aber auch erleben, ist, dass wir das Erbe der Vergangenheit antreten. Und dieses Erbe ist eines, bei dem wir als Katholiken sicherlich unseren eigenen Kummer und unsere Trauer über jeden zugefügten Schmerz empfinden können.“
„Das ist die Verantwortung, die heute auf unseren Schultern lastet“, meint der Erzbischof weiter. Diese Einsicht führe auch zu dem Motto „Gemeinsam gehen“, unter dem der Papstbesuch steht. „Wir wissen, dass wir genau das jetzt tun müssen: Gemeinsam gehen, Wege zu gegenseitigem Verständnis, zu gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Hilfe bei der Heilung finden“.
Anstoß, um voranzukommen
Das Bedürfnis nach Heilung bestehe „in allen Bereichen“: „Aber das Gefühl, dass wir uns diesem Thema voll und ganz widmen und so vorankommen wollen, dass allen, die es brauchen, Heilung zuteilwird, ist etwas, das uns, so scheint es mir, im Moment als Nation wirklich antreibt. Und dies wird eine großartige Gelegenheit sein, vom Papst einen echten Anstoß zu erhalten.“
(vatican news - cs)
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