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Großerzbischof Swjatowslaw Schewtschuk mit ukrainischen Kindern Großerzbischof Swjatowslaw Schewtschuk mit ukrainischen Kindern 

Ukrainischer Großerzbischof dankt Polen für die Aufnahme Geflüchteter

Der griechisch-katholische Großerzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, hat im Gespräch mit Radio Vatikan den Polen für die großzügige Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen gedankt. In seiner täglichen Videobotschaft von diesem Samstag verurteilte er die Scheinreferenden zur Annexion in den russisch besetzten Gebieten als „Instrument zur Verfolgung und Erniedrigung von Menschen“.

„Die Hilfe, die die Polen den Ukrainern während des Krieges gewähren, ist keine bloße Philanthropie, sondern ein Zeugnis des Glaubens an Gott. Ihr seid Zeugen des Evangeliums für uns“: Mit diesen Worten dankte das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine den Polen für die offenen Türen und die Unterstützung, die sein Heimatland durch den Nachbarn erhält.

Die Haltung der Polen sei ein Vorbild für die ganze Welt und umso wertvoller, als die gemeinsame Geschichte voller Vorurteile und schmerzhafter Wunden sei: „Um ehrlich zu sein, war ich von der Haltung der Polen sehr überrascht, aber positiv. Denn das Zeugnis der Polen ist nicht nur einfache Menschenfreundlichkeit. Unsere Nationen haben eine unruhige Geschichte hinter sich, besonders im 20. Jahrhundert. Es ist ein Zeugnis dafür, dass das polnische Volk ein christliches und gläubiges Volk ist, denn eure Herzen wurden uns durch den Glauben an Gott geöffnet“, so der Kiewer Kirchenmann gegenüber Radio Vatikan.

Hilfe trotz schwieriger Vergangenheit

Er wolle den polnischen Katholiken für ihr Glaubenszeugnis danken, denn ihre „offenen Häuser“ seien ein „Zeugnis des Glaubens“: „Indem ihr uns in euren Häusern aufnehmt, seid ihr Zeugen des Evangeliums, und das kann man nicht so einfach vortäuschen; es muss tief in der polnischen christlichen Kultur verwurzelt sein, damit es jetzt funktioniert. Ich bin dankbar, denn all dies geschieht im Namen des Herrn. Pfarreien, Caritas und andere Strukturen der Kirche in Polen waren und sind eine Inspiration und eine Oase der christlichen Liebe. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.“

Hier zum Nachhören

Erzbischof Schewtschuk dankte der polnischen Sektion von Radio Vatikan auch persönlich für die ständige Berichterstattung über das Schicksal der Ukraine, nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg in diesem Jahr, sondern bereits seit dem Ausbruch des Konfliktes im Jahr 2014. „Die Tatsache, dass Sie sich an uns erinnern, dass Sie über uns sprechen, ist für uns sehr wichtig“, so das ukrainische Kirchenoberhaupt.

Ukrainische Glaubensgemeinschaften verurteilen Referenden

In diesen Tagen verurteilten die Glaubensgemeinschaften in der Ukraine auch einhellig die sogenannten Referenden in den von russischen Truppen besetzten ostukrainischen Gebieten. Der gewaltsame Annexionsversuch sei willkürlich und verstoße gegen internationales Recht, erklärte der Gesamtukrainische Rat der Kirchen und religiösen Organisationen am Wochenende.

Ähnlich äußerte sich auch Erzbischof Schewtschuk in seiner täglichen Videobotschaft. Am Samstag betonte er, die Referenden, die durch internationale Beobachter einhellig als Scheinreferenden verurteilt worden, seien ein „Instrument zur Verfolgung und Erniedrigung von Menschen“. Er rief zu Gebeten für jene auf, mit denen ein politisches Spiel veranstaltet werde. Gott solle dem ukrainischen Volk helfen, „unter diesen Umständen zu überleben und seine Würde und Liebe zum Vaterland zu bewahren“.

„Pseudo-Referenden mit vorgehaltener Waffe“

Der Gesamtukrainische Religionsrat erklärte, die Abhaltung von „Pseudo-Referenden“ mit „vorgehaltener Waffe“ sowie ohne persönliche Freiheit und Respekt für die Würde des menschlichen Lebens verhöhne die Demokratie und diskreditiere staatliche Institutionen.

Eine echte Willensbekundung sei nach Worten des Rates unter diesen Bedingungen unmöglich. Der von Russland angezettelte Krieg gegen die Ukraine ziele darauf ab, einen Teil des ukrainischen Territoriums an sich zu reißen und den ukrainischen Staat zu zerstören; das verstoße gegen das Völkerrecht.

Matiupol im September
Matiupol im September

Gremium von 15 Glaubensgemeinschaften

Dem Gremium gehören 15 Glaubensgemeinschaften, christliche, jüdische und muslimische, sowie die ukrainische Bibelgesellschaft an. Damit repräsentiert es nach eigenen Angaben mehr als 95 Prozent der religiösen Gemeinden des Landes.

Der Rat rief alle ausländischen Staaten auf, die „Pseudo-Referenden nicht anzuerkennen“. Ukrainer sollten sich an den Scheinabstimmungen nicht beteiligen und „ihre Verantwortung vor Gott, ihrem eigenen Gewissen, früheren, gegenwärtigen und zukünftigen Generationen sowie vor dem ukrainischen Volk“ wahrnehmen, mahnte er. Der russische Staat müsse den „verbrecherischen Plan der Annexion“ aufgeben; er verstoße gegen die heiligen Schriften des Christentums, des Islam und des Judentums.

Scheinabstimmungen

In den von Russland kontrollierten ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja haben am Freitag sogenannte Referenden über einen Beitritt zu Russland begonnen. Begleitet von bewaffneten russischen Soldaten gingen Vertreter des Besatzungsregimes mit Wahlurnen von Wohnungstür zu Wohnungstür, um Stimmen einzusammeln. Die erst vor wenigen Tagen angesetzten Scheinabstimmungen sollen am Dienstag enden. Wie der Gouverneur der Region Luhansk, Serhi Haidai, in einem Online-Interview erklärt hatte, gingen von Russland unterstützte Beamte in der Region mit Wahlurnen von Tür zu Tür. Namen der Einwohner, die nicht korrekt abstimmten, würden notiert. Unterdessen werden junge Männer in den Regionen an der Ausreise gehindert. Es besteht die Befürchtung, dass die wehrfähigen Männer für Russlands Krieg in der Ukraine zwangseingezogen werden könnten.

Keine Rechtfertigung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte unterdessen betont, diese „Scheinreferenden werden niemals akzeptiert werden“. Sie böten keine Rechtfertigung für das, „was Russland tatsächlich vorhat, nämlich mit Gewalt das Land des Nachbarn zu erobern oder Teile des Territoriums davon“.

(vatican news/kath.ch/kna/agenturen – cs)

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26. September 2022, 11:21