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Parlament in Athen Parlament in Athen  (AFP or licensors)

Griechenland: Homosexuelle Paare dürfen zivil heiraten

Das griechische Parlament hat am Donnerstagabend nach wochenlanger gesellschaftlicher Debatte für eine Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe gestimmt. Damit ist Griechenland das erste christlich-orthodox geprägte Land, das eine entsprechende rechtliche Gleichstellung Homosexueller gestattet.

Bisher durften Betroffene nur eine sogenannte eingetragene Partnerschaft eingehen. Die Orthodoxe Kirche hat heftig gegen das Vorhaben protestiert, konnte sich aber nicht durchsetzen. Der Salzburger Ostkirchenexperte Dietmar Winkler konstatierte am Freitagabend in der ORF-Radiosendung „Religion aktuell“ einen gesellschaftlichen Bedeutungsverlust der Kirche, den sich diese aber selbst zuzuschreiben habe.

Dieser Bedeutungsverlust müsste nicht sein, so Winkler, doch die Kirche würden gerade in manchen gesellschaftspolitischen Fragen nicht nur den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherlaufen, „sondern sie missachten auch längst etablierte wissenschaftlichen Erkenntnisse“.

Das habe nichts mit einer Anpassung an den sogenannten „Zeitgeist“ zu tun bzw. mit einer Anpassung an die moralisch verfallene westliche Gesellschaft. Teile der Kirchen oder in den Kirchen würden aber schlicht in ihren theologischen Begründungen wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Psychologie, Biologie oder Humanmedizin nicht berücksichtigen. Dies stellte Winkler auch für jene Erklärung fest, mit der die Orthodoxe Kirche Griechenlands die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ablehnte. Winkler unterstrich zugleich, dass er seine grundlegende Kritik an der Missachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht nur auf die Orthodoxe Kirche beziehe.

Gesellschaftlicher Wandel

Gegenüber Kathpress präzisierte der Salzburger Professor: „Man muss die humanwissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschliche Natur berücksichtigen und kann angesichts dieser Erkenntnisse die geschöpfliche Bipolarität nicht mehr als reine Entweder-Order-Alternative verstehen. Wenn dies doch getan wird, dann wird die Kirche immer den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherlaufen.“

Gegenüber dem ORF verwies der Theologe auch auf den griechischen konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Das Parlament entscheide nicht über einen gesellschaftlichen Wandel, sondern dieser Wandel habe längst stattgefunden, sagte Mitsotakis. Das scheine ein wesentlicher Punkt zu sein, so Winkler.

Hintergrund

Für den entsprechenden Gesetzesvorschlag der konservativen Regierung votierten am Donnerstag nach stundenlangen Diskussionen in namentlicher Abstimmung 176 Abgeordnete. 76 stimmten dagegen. Ministerpräsident Mitsotakis setzte sich damit nicht zuletzt gegen Widerstand aus den Reihen seiner eigenen konservativen Partei Nea Dimokratia durch. Zuspruch erhielt er von mehreren linksgerichteten Parteien. Führende Kirchenvertreter beklagten in den vergangenen Wochen, dass die geplante Gesetzgebung „den grundlegenden Kern der Gesellschaft“ zerstöre.

Verheiratete Homosexuelle dürfen laut dem neuen Gesetz wie heterosexuelle Ehepaare Kinder adoptieren. Nicht vorgesehen ist die Möglichkeit, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft Kinder durch künstliche Befruchtung zu zeugen.

(kap – mg)

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17. Februar 2024, 11:54