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Der Jesuit Antoine Kerhuel (links) und Zachary Levine vom United States Holocaust Memorial Museum in Washington D.C am 27.2.2024 in Rom bei der Unterzeichnung des Abkommens. Applaus gab es auch von Joseph Donnelly (rechts), US-Botschafter beim Heiligen Stuhl Der Jesuit Antoine Kerhuel (links) und Zachary Levine vom United States Holocaust Memorial Museum in Washington D.C am 27.2.2024 in Rom bei der Unterzeichnung des Abkommens. Applaus gab es auch von Joseph Donnelly (rechts), US-Botschafter beim Heiligen Stuhl 

Jesuiten-Archiv und US-Holocaust-Museum kooperieren

Das „United States Holocaust Memorial Museum in Washington D.C.“ und der Jesuitenorden haben in Rom eine Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Nutzung und Digitalisierung von Material aus den Jesuitenarchiven zur Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg unterzeichnet.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Welche Rolle spielte die katholische Kirche während des Holocausts? Diese Frage beschäftigt viele Historiker weltweit. Das „United States Holocaust Memorial Museum“ hilft, indem es Materialien digitalisiert und die katholische Kirche unterstützt die Forscher, indem sie immer mehr Archive zugänglich macht. Am Sitz der Generalkurie des Jesuitenordens in Rom wurde am Dienstagnachmittag bei einer feierlichen Zeremonie in kleinem Kreis eine weitere Vereinbarung unterzeichnet:

„Es ist ein archivarischen Abkommen zwischen dem Archivum Romanum Societatis Iesu (ARSI), dem jesuitischen Hauptarchiv hier in Rom und der Fondazione Polanco ETS mit dem Holocaust Memorial Museum, dank dem wir sämtliche Bestände und Archive, die in dem Archiv gelagert sind, digitalisieren dürfen und dann auch der Forschung zugänglich machen können in Washington D.C. in Form von Digitalisaten", erklärt Anatol Steck, Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des Museums im Interview mit Radio Vatikan.

Hier im Audio: Jesuiten-Archiv und United States Holocaust Memorial Museum kooperieren - Anatol Steck, Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des Museums im Interview mit Radio Vatikan

In einer ersten Phase sollen zunächst einmal Schlüsselbestände digitalisiert werden, etwa zum Jesuiten Pietro Tacchi Venturi:

Anatol Steck, Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des United States Holocaust Memorial Museums im Interview mit Stefanie Stahlhofen (Foto: Benedict Mayaki, SJ)
Anatol Steck, Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des United States Holocaust Memorial Museums im Interview mit Stefanie Stahlhofen (Foto: Benedict Mayaki, SJ)

„Tacchi Venturi hatte eine Schlüsselfunktion. Er war die Verbindungsperson zwischen Mussolini und den Päpsten Pius XI. und XII.“

„Da sind Schlüsselbestände, die wir auf jeden Fall in der ersten Phase digitalisieren und dann der Forschung zugänglich machen. Tacchi Venturi hatte eine Schlüsselfunktion. Er war die Verbindungsperson zwischen Mussolini und den Päpsten Pius XI. und XII. In der Hinsicht war er eine Schlüsselfigur und seine Bestände geben Auskunft über die Verbindung zwischen Mussolini und der Kirche. Und Pater Venturi hatte auch eine besondere Rolle, was zum Beispiel auch die Rettung von getauften Juden anbelangt während der späten 30er und frühen 40er Jahre ."

Gleich digitalisiert werden sollen auch die Dokumente zu Pater Wlodimir Ledóchowski, der der 26. Generalobere der Jesuiten war:

„Er war das für sehr, sehr viele Jahrzehnte, vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zu seinem Tod im Jahr 1942. Und hier gibt es Schlüsselbestände und auch Aufzeichnungen über die Situation, zum Beispiel unter der Naziherrschaft in Polen und die Gräueltaten, die unter den Nazis in Polen vollbracht wurden."

Gute Zusammenarbeit mit deutschsprachigem Institut in Rom

Das „United States Holocaust Memorial Museum“ hofft, die Dokumente im Jahr 2025 digitalisiert und im Lesesaal verfügbar machen zu können. Es ist außerdem auch eine Zusammenarbeit und Dokumenteaustausch mit der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem geplant. Ein Abkommen dazu soll noch diesen Frühling unterzeichnet werden, berichtet Steck. Außerdem gibt es auch Neuigkeiten zu bereits bestehenden Kooperationen, etwa mit dem Päpstlichen Institut Santa Maria dell’Anima in Rom, das das Archiv von Alois Karl Hudal - während der Holocaust-Zeit Rektor des deutschsprachigen Priesterkollegs - bereits im Jahr 2022 für die Forschung und Digitalisierung freigab:

„Wir sind Rektor Michael Max vom Päpstlichen Institut Santa Maria dell’Anima sehr dankbar dafür, dass wir dieses Übereinkommen mit ihm unterzeichnen durften. In weiterer Folge wurde dann auch das Archiv von Bischof Alois Hudal, dem Anima-Rektor zurzeit des Holocausts und den unmittelbaren Nachkriegsjahren, dann digitalisiert. Und diese Dokumente sind jetzt bereits in Washington in unserem Archiv zugänglich. Rektor Max wird uns im April besuchen und es wird eine spezielle Veranstaltung geben, bei der wir uns öffentlich für seine Kooperation bedanken."

Dank für Öffnung der Vatikan-Archive zu Pius XII.

Das Interesse der Forscher aus aller Welt an den bisher zuänglichen Materialen ist groß, sagt der Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des „United States Holocaust Memorial Museums“ in Washington. Es gebe ständig neue Anfragen und ...

„...es kommen jetzt auch bereits Forscher zu uns ins Museum, um dieses Material zu erforschen. Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Material natürlich nicht alleine steht; es wird zusammengeführt mit all den anderen Materialien, die wir aus aller Welt digitalisieren. Da möchte ich auch betonen, dass wir im Vatikanischen Apostolischen Archiv bereits seit mehreren Jahren tätig sind. Und hier haben wir auch eine wunderbare Zusammenarbeit."

Hoffnung auf weitere Kooperationen

Papst Franziskus hatte im Jahr 2020 die Vatikan-Archive zum Pontifikat von Papst Pius XII. (1939-58) für die Forschung freigegeben. Das „US Holocaust Memorial Museum“ ist nicht nur dafür dankbar, sondern auch für die Zusammenarbeit mit verschiedenen Archiven von Glaubensgemeinschaften weltweit. Konkret nennt Anatol Steck hier etwa eine Zusammenarbeit in Frankreich, auch in Kooperation mit Yad Vashem. Der Senior Project Director der internationalen Archivabteilung des „United States Holocaust Memorial Museums“ in Washington betont, man sei „für jegliche Kooperationen offen" und freue sich auf weitere Zusammenarbeit überall auf der Welt.

(vatican news)

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28. Februar 2024, 12:24