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Anwohner verlassen ihre Häuser auf der Suche nach einer Zufluchtsstelle Anwohner verlassen ihre Häuser auf der Suche nach einer Zufluchtsstelle  (AFP or licensors)

Erzbischof Mésidor: Haiti steht am Rande eines Bürgerkriegs

Die Bandengewalt beeinträchtige auch das Leben der Kirche stark, so der Vorsitzende der haitianischen Bischofskonferenz gegenüber dem Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN). Das Land steuere gefährlich auf einen Bürgerkrieg zu, so die Sorge des Erzbischofs.

„Die bewaffneten Banden agieren wie eine organisierte Armee ... Die Polizei kann mit ihnen nicht mithalten“, sagte er gegenüber ACN. Auch die karitative Arbeit der Kirche sei „sehr stark beeinträchtigt“, so der Erzbischof weiter.

Der Haupthafen Port-au-Prince wurde geschlossen, wodurch zahlreiche Container mit Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern liegen blieben - und das zu einer Zeit, in der nach Angaben der Vereinten Nationen die Hälfte der mehr als 11 Millionen Einwohner des Landes nicht genug zu essen hat und 1,4 Millionen Menschen hungern.

Die Lebensmittelläden in den gehobenen Vierteln der Hauptstadt verfügen zwar nach wie vor über Waren, doch sind diese für die meisten Menschen in einem Land, in dem die meisten weniger als 2 Dollar pro Tag verdienen beziehungsweise wegen der Gewalt ihrer Arbeit nicht nachgehen können, unerschwinglich.

„Überall gibt es Entführungen ... Alle haben Angst, auch die Gläubigen. Sobald man Port-au-Prince verlässt, ist man in Gefahr. Die Banden kommen sogar in die Kirchen, um die Menschen dort zu entführen", sagte Mésidor.

„Die Banden kommen sogar in die Kirchen, um die Menschen dort zu entführen“

Der Erzbischof klagte gegenüber ACN, dass es ihm schwerfalle, seine kirchlichen Pflichten zu erfüllen, „weil man mit dem täglichen Leben zurechtkommen muss - und dieses tägliche Leben besteht aus Leid, Gewalt, Schießereien, Armut und Entbehrungen.“

Zwei Drittel seiner Diözese könne er wegen der blockierten Straßen nicht besuchen, so der Erzbischof: „Um in den Süden der Diözese zu gelangen, muss ich ein Flugzeug nehmen. Ich war seit zwei Jahren nicht mehr in der Kathedrale“, sagte er. „Die letzte Feier, die ich in der Kathedrale abhalten konnte, war die Chrisam-Messe. Sie war voll ... Aber vom Agnus Dei bis zum Ende des Gottesdienstes ertönten Schüsse. Wir konnten den Rauch in der Nähe aufsteigen sehen“, fügte er hinzu.

Seit zwei Jahren nicht mehr in der Kathedrale

Mésidor erklärte gegenüber ACN, dass Seminaristen und Katecheten „ausharren“ und „der Gefahr trotzen", weil sie „eine Mission erfüllen wollen". Der Erzbischof erklärte gegenüber ACN, wie wichtig es sei, dass die Bischöfe zusammenarbeiten: „Wir müssen unser Kreuz tragen und Christus folgen - besonders in dieser Fastenzeit.“ Man zähle auf die Gebete und die Solidarität der Menschen: „Das Wichtigste ist, dass die Kirche trotz aller Schwierigkeiten weiterhin Menschen zusammenbringt. Durch Predigten oder Exerzitien für junge Menschen versuchen wir, ihre Hoffnung neu zu entfachen, sie dazu zu bringen, sich zu organisieren und nicht in Resignation zu versinken“, fügte er hinzu.

Der Erzbischof drückte auch seine Dankbarkeit für die Hilfe von ACN aus, die Ausbildung, Exerzitien und andere Programme für Seminaristen, Ordensleute und Laien, sowie Messstipendien für Priester und Nothilfe für Ordensschwestern umfasst.

Mésidor sagte, ohne diese Unterstützung wäre es für die Kirche „sehr schwierig zu funktionieren, da die Priester fast kein Gehalt erhalten und viele Gläubige verarmt sind“, während „die Reichen ins Ausland gegangen sind“.

Ausnahmezustand verlängert

Unterdessen verlängerten die haitianischen Behörden am Donnerstag den Ausnahmezustand und die nächtliche Ausgangssperre, da Banden weiterhin wichtige staatliche Einrichtungen angriffen.

Dutzende von Menschen wurden getötet und mehr als 15.000 wurden aus ihren Häusern vertrieben, seit koordinierte Bandenangriffe am 29. Februar begannen, während Premierminister Ariel Henry in Kenia war, um sich für die von der UNO unterstützte Entsendung einer Polizeitruppe aus dem ostafrikanischen Land zur Bekämpfung von Banden in Haiti einzusetzen. Ein kenianisches Gericht entschied jedoch im Januar, dass ein solcher Einsatz verfassungswidrig wäre.

(crux - cs)

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10. März 2024, 12:11