Marokko: Franziskaner auf schwieriger Mission
Michael C. Hermann - Marrakesch (Fotos: Antonio Hertlein)
Sonntagmittag in der Kirche der Heiligen Märtyrer im französischen Viertel von Marrakesch. Buntes Treiben, Sprachgewirr aus Französisch, Englisch, Spanisch, Arabisch und anderen afrikanischen Sprachen. Die Stimmung ist heiter und fröhlich. Vor der Kirche, die im Jahr 1928 gebaut wurde, steht ein Polizeiauto und Polizisten beobachten das Geschehen.
Warum steht die Polizei vor der Tür?, frage ich Bruder Manuel. Der Franziskaner leitet die katholische Gemeinde, die zum Erzbistum Rabat, der marokkanischen Hauptstadt, gehört. Der Ordensmann aus Bonfarara in Nordspanien wirkt seit 25 Jahren in Marokko. Er erinnert an die Attentate aus dem Jahr 2009 in Marrakesch. Seit damals ist die Polizei vor der Kirche präsent: „Die Behörden wollen bestmögliche Sicherheit garantieren, und wir arbeiten gut mit ihnen zusammen. Es ist eigentlich nicht mehr notwendig, aber die Polizei sagt, dass es uns nützt“, sagt Bruder Manuel, der mit drei Mitbrüdern in Marrakesch lebt.
Seit dem 8. Jahrhundert sind Franziskaner in Marrakesch aktiv
Das Verhältnis zwischen Staat und katholischer Kirche dort ist nicht einfach. Formal garantiert die Verfassung eine Art Religionsfreiheit. Aber im Strafgesetzbuch heißt es: Bestraft wird, „wer Mittel der Verführung mit dem Ziel einsetzt, den Glauben eines Muslims zu erschüttern oder ihn zu einer anderen Religion zu konvertieren“. Das wird als Missionsverbot ausgelegt. Und manch einer befürchtet deshalb, dass die Polizei nicht zum Schutz vor der Kirche steht, sondern um zu schauen, wer hineingeht.
Seit dem 8. Jahrhundert sind Franziskaner in Marrakesch aktiv, in ganz Marokko sind es 20 Brüder. Der Name des Gotteshauses - Kirche der Heiligen Märtyrer - erinnert an die Franziskaner, die 1220 in Marrakesch ermordet wurden.
In die Gemeinde kommen Katholiken aus vielen Ländern. Bruder Manuel berichtet von der alltäglichen Arbeit: „Es ist eine große Herausforderung für uns, Gemeinschaft zwischen all den verschiedenen Menschen herzustellen. Es ist gut zu sehen, wie die Zahl der Gemeindemitglieder, wie die Zahl der Menschen, die zum Gottesdienst kommen und sich mit uns zusammentun, wächst.“
Projekte für Migranten, Bedürftige, Erdbebenopfer
Insgesamt leben etwa 25.000 Katholiken in Marokko. Nach 1956, nach der Unabhängigkeit des Landes von Frankreich, zogen nicht wenige Christen weg. Das gleiche gilt auch für jüdische Gläubige. Diese kommen aber in den letzten Jahren verstärkt wieder zurück in das Königreich, zum Beispiel nach Essaouira, eine Hafenstadt am Atlantik. Als Papst Franziskus 2019 Marokko besuchte, betonte König Mohammed VI. den Zusammenhalt der Gläubigen der abrahamitischen Religionen. „Er sagte, es gehe jetzt darum, von einer Kultur der Toleranz zu einer des gegenseitigen Verstehens zu kommen. Wir haben wirklich gute Beziehungen zu den Muslimen und den Juden hier. Der interreligiöse Dialog ist sehr wichtig“, berichtet Frater Manuel, der in Rom Arabistik und Islamwissenschaft studiert hat.
Insbesondere das karitative Engagement der Franziskaner schaffe Beziehungen, Begegnungen und Verständnis. „Wir machen wichtige Projekte mit Migranten, die aus verschiedenen Ländern hierherkommen, vor allem aus Guinea. Wir haben Projekte für die armen Einwohner Marrakeschs und für die Opfer des großen Erdbebens.“ Damit meint er das Erbeben vom 8. Dezember 2023. Damals starben 2.960 Menschen. Das Epizentrum war ganz in der Nähe von Marrakesch, das Atlas-Gebirge besonders betroffen.
Bruder Manuel berichtet, wie die Franziskaner, die internationale und die deutsche Caritas geholfen haben: „Wir begannen mit rein humanitärer Hilfe. In einer zweiten Phase haben wir den Wiederaufbau von Häusern unterstützt. Nun in der dritten Phase betreiben wir Entwicklungshilfe“, so der Franziskaner, der sogleich wieder betont: „Am wichtigsten sind die Beziehungen zu den Menschen, sehr wichtig ist ein freundschaftliches Verhältnis.“
(vatican news)
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