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Junge Indigene in Brasilien Junge Indigene in Brasilien  (Renan Dantas)

Brasilien: Kardinal sieht indigene Völker unter Druck

Der brasilianische Kardinal Leonardo Ulrich Steiner, Präsident des Indigenenmissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz, warnt vor Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien. Ein Bericht legt die massive Zunahme von Konflikten, Angriffen und Landraub in Amazonien dar.

Übergriffe, Vertreibungen und evangelikale Kirchen bedrohen die Lebensgrundlage und Spiritualität indigener Gemeinschaften in Brasilien: Ihre prekären Lebensbedingungen seien von illegalem Bergbau oder Abholzung geprägt, erläuterte der Kardinal-Erzbischof von Manaus bei einem Besuch in Wien. Er stellte am Dienstag den aktuellen Bericht des Indigenenmissionsrates CIMI über Gewalt gegen indigene Völker vor, gemeinsam mit dem Marcley Pataxó des indigenen Volkes der Pataxó im Bundesstaat Bahia und dem CIMI-Generalsekretär Luís Ventura Fernández. Der Bericht kommt rechtzeitig vor der Weltklimakonferenz COP30 heraus, die von 10.bis 21. November in der Amazonien-Metropole Belém in Brasilien tagt.

CIMI dokumentiert u.a. eine deutliche Zunahme von Bedrohungen. Als Hauptgrund nennt der Bericht das 2023 beschlossene Gesetz 14.701, das den sogenannten „zeitlichen Rahmen" für die Anerkennung indigener Territorien festlegt. Nur Land, das bereits 1988 - im Jahr der brasilianischen Verfassung - bewohnt war, kann seither als indigenes Gebiet anerkannt werden. Laut CIMI führte dies zu einer massiven Zunahme von Konflikten, Angriffen und Landraub sowie Todesfällen. Kardinal Steiner verlangte deshalb in Wien erneut, dass das Gesetz aufgehoben werde.

Kirche begleitet Gerichtsprozesse für Indigene - oft mit Erfolg

Das Fehlen einer formalen, rechtlichen Abgrenzung und Anerkennung von Land, das traditionell von indigenen Völkern bewohnt wird, führe zu Bedrohungen bis hin zu Todesfällen, erklärte Steiner. Viele Indigene wollten ihr Land behalten, während Staat und Wirtschaft dagegen stünden. Zahlreiche Prozesse seien deshalb von der Kirche bis zum Obersten Gerichtshof begleitet worden - oftmals mit Erfolg.

Amazonien: Chemisch gerodete Urwaldfläche für den Abbau von Bodenschätzen
Amazonien: Chemisch gerodete Urwaldfläche für den Abbau von Bodenschätzen   (AFP or licensors)

Neben Landkonflikten zerstören illegale Minen, Rodungen für Soja- und Viehzucht sowie Brandstiftungen indigene Lebensräume, verschmutzen Flüsse und gefährden die Gesundheit ganzer Dörfer. Die Ausbreitung der Agrarindustrie trage folglich auch zur Zerstörung des Amazonasgebietes und zur globalen Klimakrise bei, warnt der CIMI-Bericht.

„Wir lassen uns nicht entmutigen. Wir sind Menschen der Hoffnung", sagte Steiner zum Widerstandsgeist der indigenen Bevölkerung. Der Erzbischof von Manaus hob zudem die Bedeutung der Selbstorganisation indigener Gruppen hervor, die wichtig sei, um sich gegen Repressionen zu wehren.

Kardinal Leonardo Ulrich Steiner, Erzbischof von Manaus
Kardinal Leonardo Ulrich Steiner, Erzbischof von Manaus

Fragwürdige freikirchliche Missionsaktivitäten

Bis heute würden viele Indigene ihre eigene Spiritualität leben und weitergeben, so Steiner. Als Problem bezeichnete er jedoch die Missionsaktivitäten evangelikaler Kirchen, die über die Zeit die Kultur indigener Dörfer zerstören würden: „Es werden Tänze und Gesänge eingeschränkt", kritisierte der Präsident des Indigenenmissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz. Die katholische Kirche habe einen anderen Weg gewählt und u.a. Liturgie und Bücher in indigene Sprachen übersetzen lassen. Indigene Gläubige und Seminaristen erhielten spezielle Schulungen, um ihre alten Traditionen erhalten zu können. Damit werde die Anerkennung der eigenen Spiritualität und Philosophie unterstützt, und die indigenen Völker könnten ihre Kultur bewahren, so Kardinal Leonardo Steiner.

Es gehe auch um die Verteidigung der Würde und Rechte indigener Bevölkerungsgruppen, wie Steiner herausstrich: „Es ist nicht unsere Entscheidung, wie sie leben." Die Aufgabe der Kirche sei zu begleiten, zu lernen und zuhören.

Steiner gehört dem franziskanischen Orden der Minoriten an und war von 2011 bis Frühjahr 2019 bereits Generalsekretär der Brasilianischen Bischofskonferenz. Gleichzeitig betonte er Hoffnung und Solidarität: „Wir sind viele. Die Kirche ist mit den Armen." Ziel müsse ein "Reich Gottes für alle sein", das schließe indigene Bevölkerungsgruppen ein.

CIMI dokumentiert zahlreiche Fälle von Gewalt, Landraub und Umweltzerstörung. Illegale Minen, Rodungen für Soja- und Viehzucht sowie Brandstiftungen zerstören Lebensräume, verschmutzen Flüsse und gefährden die Gesundheit ganzer Dörfer. Die Ausbreitung der Agrarindustrie trage damit auch zur Zerstörung des Amazonasgebietes und zur globalen Klimakrise bei. Die Fachstelle der brasilianischen Bischofskonferenz ist langjährige Partnerorganisation der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar.

(kap – gs)

 

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23. Oktober 2025, 10:24