Libanon vor Papstbesuch: „Wir warten auf aufrüttelnde Worte“
Nach seinem Besuch in der Türkei zum gemeinsamen Begehen des Konzilsgedenkens wird der US-amerikanische Papst Anfang Dezember für einige Tage in den Libanon reisen. Das genaue Reiseprogramm steht noch nicht fest, aber „alle Gruppen und Komitees bereiten sich intensiv auf diesen Besuch und auf die verschiedenen Begegnungen, die der Papst haben wird, vor“, so der Kirchenmann, der von einem „lange erwarteten Besuch“ spricht. Wie üblich wird der Papst nicht nur mit der Welt der Diplomatie, sondern auch mit der Kirche und Vertretern der Zivilgesellschaft zusammentreffen.
„Besonders die Jugendlichen freuen sich darauf: Viele von ihnen haben ihn bereits beim Jugendjubiläum getroffen, über 600 bis 700 junge Menschen waren damals dabei. Wir erwarten vom Papst, dass er uns wieder auf den Weg der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung führt – drei Worte, die er selbst bei seinen Begegnungen mit den Jugendlichen und anderen Menschen verwendet hat. Wir hoffen, dass er – in der Tradition seiner Vorgänger – Worte finden wird, die den Libanon wieder in den Blickpunkt der internationalen Bühne rücken und daran erinnern, dass nur der Frieden ein Weg ist, der den Menschen in seinem Wesen achtet. Möge er uns helfen, die Würde der menschlichen Person neu zu entdecken – denn es ist unvorstellbar, weiterhin im Krieg oder von Kriegen umgeben zu leben.“
Zeichen und Aufruf zum Frieden
Auch im Hinblick auf die Kriege weltweit solle dieser Besuch ein „Zeichen und ein Aufruf zum Frieden“ sein, meint Essayan: „,Es ist Zeit für Frieden‘, hat Papst Leo gesagt – und ich denke, ja, jetzt ist die Zeit für Frieden!“
Das Leben im Land ist seit Jahren sowohl vom politischen als auch vom sozialen Gesichtspunkt her nicht einfach, umso mehr derzeit: mit einem Krieg, der an den Grenzen des Landes tobt. Viele Flüchtlinge haben im kleinen Libanon Zuflucht gesucht, erst Anfang dieses Jahres konnte nach zweijährigem Hin und Her eine neue Regierung vereidigt werden.
„Wir leben in großer Unsicherheit und erwarten Worte, die das Gewissen wachrütteln – im Libanon ebenso wie bei den Verantwortlichen ringsum, die über Leben und Tod so vieler Menschen entscheiden“, wünscht sich der Lateinische Vikar. „Worte, die die Gewissen aufrütteln und helfen, aus der Krise herauszukommen, in der wir uns befinden – aus dem Zustand eines inneren, fast schon fünfzig Jahre andauernden Kriegs. Nach fünfzig Jahren sollte man endlich sagen: Genug von all dem Krieg, in all seinen Formen – nicht nur dem bewaffneten, sondern auch der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und religiösen Krise, die Spaltung und Ungerechtigkeit hervorbringt.“
Die Religion selbst sei allerdings keinesfalls die Ursache, betont der Geistliche. „Es ist die Übersteigerung religiöser Gefühle, die von einzelnen Menschen oder Staaten mit eigenen Interessen ausgenutzt wird und uns gegeneinander aufbringt.“ Doch dies entspreche nicht der Mehrheit der Familien im Libanon, von denen viele konfessions- und religionsübergreifend zusammenlebten – Christen, Katholiken, Orthodoxe, Protestanten und Muslime.
„Wir verstehen nicht, warum wir uns politisch so sehr spalten müssen, dass wir schließlich die Waffen gegeneinander erheben“, so die abschließende Beobachtung des katholischen Vikars. Als letzter Papst war Benedikt XVI. 2012 zu Besuch in Beirut; ein Besuch von Franziskus kam, obwohl der Papst ihn sich sehr wünschte, nicht zustande.
(vatican news - cs)
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