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Die Slowakei feiert den 36. Jahrestag der Samtenen Revolution Die Slowakei feiert den 36. Jahrestag der Samtenen Revolution  (ANSA)

Slowakei: Vergebungsbitte der Kirchen – Proteste gegen Fico

Am Vorabend des 36. Jahrestags der „Samtenen Revolution“ (1989) haben die christlichen Kirchen der Slowakei erstmals gemeinsam um Vergebung für historische Verfehlungen gebeten. Während Kirchenvertreter und Staatspräsident Peter Pellegrini in einem historischen Akt der Reue zusammenkamen, demonstrierten zeitgleich Tausende gegen die Regierung von Ministerpräsident Robert Fico.

Die außergewöhnliche ökumenische Feier in Bratislava, als „Tag der Bitte um Vergebung“ tituliert, wurde vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ERC) und der Bischofskonferenz der Slowakei (KBS) initiiert und als öffentlicher Akt der Versöhnung durchgeführt.

Umfassendes Schuldbekenntnis der Kirchen

An der Feier, die live übertragen wurde, nahmen rund 200 geladene Gäste aus Politik und Gesellschaft teil. Der liturgische Ablauf umfasste sieben Themenbereiche, in denen die Kirchen umfassende Schuldbekenntnisse ablegten.

Die Kirchen baten insbesondere um Vergebung für die mangelnde Einheit und Glaubwürdigkeit; für Spaltungen unter Christen und den Verlust an Glaubwürdigkeit durch moralische Verfehlungen kirchlicher Mitarbeiter; für das Schweigen und Kollaboration; für schuldhaftes Schweigen in Zeiten politischer Repression – aus Angst oder zum Schutz eigener Besitztümer – sowie die Kollaboration kirchlicher Akteure mit den nationalsozialistischen und kommunistischen Regimen.

Proteste in Bratislava
Proteste in Bratislava   (AFP or licensors)

Auch baten sie um Vergebung für die Gewalt und Vertuschung; für Fälle von Missbrauch, seelischer und physischer Gewalt durch Kirchenmitarbeiter sowie das Vertuschen dieser Taten, sowie für das Versagen gegenüber Minderheiten und für die Duldung von Antisemitismus und Rassismus sowie direkte oder indirekte Beteiligung an „Arisierung“, Zwangsarbeit und den Deportationen während des Zweiten Weltkriegs. Ebenfalls genannt wurde die Diskriminierung von Roma, Ungarinnen, Deutschen und weiteren Volksgruppen.

Der Zipser Bischof Frantisek Trstensky, Initiator des Projekts, betonte die transformative Kraft des Eingeständnisses: „Jeder Schritt zur Vergebung, auch ein kleiner, löst die Fesseln der Vergangenheit und öffnet den Raum für neue Anfänge.“ Vergebung bedeute eine „Revolution der Beziehungen“. Die Kirchen erhoffen sich, mit diesem Tag einen kulturellen und geistlichen Wendepunkt hin zu einem erneuerten gesellschaftlichen Miteinander zu bewirken.

Proteste gegen FIco
Proteste gegen FIco   (AFP or licensors)

Tausende demonstrieren gegen Fico

Zeitgleich mit dem historischen Versöhnungsakt der Kirchen nutzten Tausende Bürger den Jahrestag der „Samtenen Revolution“ (17. November) für Massenproteste gegen die Regierung Fico.

Mit Rufen wie „Es reicht, Fico“ und dem Slogan „Wir werden die Slowakei nicht aufgeben“ forderten die Demonstranten unter anderem ein Ende des prorussischen Kurses und eine Abkehr von der autoritären Regierungsführung. Die Protestierenden, die in mehreren Städten des Landes zusammenkamen, erinnerten an den gewaltlosen Widerstand von 1989.

Der Unmut richtet sich auch gegen die Entscheidung der Fico-Regierung, den Jahrestag der Revolution als arbeitsfreien Feiertag zu streichen. Symbolisch klimperten die Demonstranten mit Schlüsseln - ein Akt des Widerstands, der bereits 1989 zum Einsatz kam. Die Welle des Protests hatte schon vor einigen Tagen mit einer „Kreiderevolution“ begonnen, bei der Jugendliche und Erwachsene mit Kreide kritische Botschaften vor Schulen und auf öffentlichen Plätzen hinterließen.

(kap - mg)

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18. November 2025, 12:42