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P. Arturo Sosa P. Arturo Sosa 

Heiliges Land: „Frieden lässt sich nicht erzwingen!“

Der Generalobere des Jesuitenordens, P. Arturo Sosa, ist bestürzt über die Gewalt und den Hass im Heiligen Land. Das erklärte er jetzt nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Jerusalem und Betlehem Ende November.

„Es ist wirklich schwierig, so viele Zeugnisse des Leidens zu hören, ohne sich von Verzweiflung oder Wut überkommen zu lassen“, schreibt der aus Venezuela stammende „Pater General“ in einem Brief an Jesuiten, der an diesem Freitag veröffentlicht wurde. „Aber unser Glaube sollte uns dazu bringen, anders zu antworten. Nicht mit Verzweiflung oder Wut, sondern mit einer Offenheit für Vergebung und Heilung.“

Stefan v. Kempis sprach mit Pater Sosa SJ über seine Reise.

  (AFP or licensors)
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Interview

Mit welchen Eindrücken und Gedanken sind Sie aus dem Heiligen Land zurückgekehrt?

„Mit vielen Gedanken und vor allem Emotionen. Es war ein Besuch, der mich innerlich sehr bewegt hat; aus drei Gründen. Unsere Anwesenheit war zunächst einmal für sie eine gute Nachricht und für uns eine Möglichkeit, uns innerlich zu verändern. Zweitens: Die Menschen, die dort leben und unter der ganzen Situation leiden, wollen wirklich gehört werden, sie wollen auch ihr Leid teilen. Und drittens: Der Ausweg aus einer solchen Situation besteht darin, das Leid des anderen zu verstehen, aber genau das ist nicht immer einfach. Da gibt es die Versuchung, sich in seinem eigenen Leid zu verschließen. Oder ein großer Verfechter seiner eigenen, gerechten Sache zu sein, aber ohne über den Tellerrand hinauszuschauen. Das schafft und nährt einen Krieg, für den es keine Lösung gibt, solange nicht jeder dazu fähig wird, andere Interessen als seine eigenen wahrzunehmen.“

„Was wir vorgefunden haben, sind Menschen, die leben wollen“

Sie sind nicht hingefahren, um eine politische Analyse vorzunehmen, sondern um zuzuhören – aber durch Zuhören und Reden findet man doch aus dieser Spirale der Gewalt und des Hasses nicht heraus?

„Es ist schwer, aber es ist möglich. Denn was wir vorgefunden haben, sind Menschen, die leben wollen. Ich denke da z.B. an einen Kommentar, den wir gehört haben: ‚Bitte helfen Sie mit Bildung‘. Das bedeutet doch, dass die Menschen langfristig denken; sie denken nicht nur an heute, wo sie so viele Probleme haben, weil es heute nichts zu essen gibt, weil es heute keine Transportmittel gibt, sondern die Menschen denken an Bildung, also an die Zukunft! Es gibt wirklich den Wunsch, den Weg für die Zukunft zu ebnen.“

Sie haben auch Kardinal-Patriarch Pizzaballa besucht, was hat er Ihnen gesagt?

„Nun, er sagte: ‚Sie müssen die Komplexität berücksichtigen. Das heißt, man kann nicht hier sein und nur einen Standpunkt einnehmen, wenn die Komplexität der Ausgangspunkt ist. Und man muss die Ohren und Augen offenhalten, um zu sehen, was diese Komplexität aussagt. Versucht zu verstehen!‘ Er ist sich der Schwierigkeiten wirklich sehr bewusst und versucht, Brücken zu bauen, damit man sich gegenseitig versteht.“

Da stelle ich Ihnen jetzt doch mal eine politische Frage: Kann ein relativ einfacher Friedensplan in so einer komplexen Situation wirklich Frieden schaffen?

„Nein, nein. Denn Frieden kann ja nicht sozusagen vom Himmel fallen. Nein, man muss ihm eine Grundlage schaffen. Und das bedeutet, die Komplexität wirklich zu berücksichtigen und zu wissen, dass man Schritt für Schritt vorgehen muss und dass man Frieden nicht erzwingen kann! Dass Frieden entsteht, indem man eine echte Beziehung aufbaut. Frieden ist niemals das Ergebnis von Zauberei, sondern entsteht durch tiefe menschliche Beziehungen.“

(vatican news – sk)
 

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12. Dezember 2025, 13:00