Türkei: „Brücken müssen gepflegt werden, damit sie halten“
Christine Seuss - Istanbul
„Ich war etwas überrascht, dass ich bei der Messe dabei sein kann. Und auch, dass er überhaupt hierher kommt in die Türkei, weil ich mir so dachte, dass die Türkei so ein muslimisches Land ist, wegen all der Moscheen und so. Also ja, da war ich eben etwas überrascht…“, sagt Larissa uns am Rand der Messe mit leuchtenden Augen.
Vor der Messe sei sie sie aufgeregt gewesen, „weil ich halt nie einen Papst gesehen habe und das mein erstes Mal ist, dass ich ihn sozusagen live sehe“, gesteht sie. Besonders beeindruckend sei gewesen, dass die Messe in so großem Rahmen gefeiert wurde:
„Die Messe war anders als sonst, weil da richtig viele Menschen waren. Und das bleibt mir jetzt wahrscheinlich auch im Kopf, dass an einer Papstmesse viel mehr Menschen teilnehmen als an einer regulären Messe…“. Lehrreich sei auch gewesen, dass sie damit erfahren habe, „dass die ersten Christen eben hier in der Türkei gelebt haben und sozusagen das Volk aufgebaut haben. Und ich habe gelernt, dass es verschiedene Christen gibt, armenische Christen, orthodoxe Christen… und so weiter und so fort…. Und als Drittes habe ich auch noch gelernt, dass man eine Freundschaft immer pflegen muss: Zwischen den Kirchen, aber auch zwischen Menschen. Das heißt, wenn man eine Brücke baut, muss man sie immer wieder neu herstellen, damit sie nicht eines Tages zusammenklappt…“
Tief bewegt
Ähnlich aufgeregt war ihr Altersgenosse Louis, wie Larissa Mitglied der österreichischen Gemeinde St. Georg. „Ich freue mich wahnsinnig, bei dieser Messe dabei sein zu können“, vertraut er uns an. Gerne würde er auch wieder diese Gelegenheit haben: „Aber dafür soll nicht unbedingt ein neuer Papst gewählt werden“, schränkt er ein, wohl in der Ahnung, dass ein zweiter Besuch von Papst Leo in Istanbul so schnell nicht auf dem Programm stehen wird...
„Als Istanbuler Christ hat mich der Besuch des Papstes tief bewegt“, wirft Ugur ein. „Während des Messe hallten seine Botschaften von Frieden und Geschwisterlichkeit in unseren Ohren nach“, so der junge Türkei mit bulgarischen Wurzeln. Der Besuch des Papstes habe ihn in vielerlei Hinsicht aufgewühlt: „Besonders seine Worte haben mich zutiefst berührt. Wer nicht liebt, kennt Gott nicht! Seine Appelle zu Frieden und zu einem Leben als Brüder und Schwestern sind heute wichtiger denn je. Ich bin dankbar, dass ihm so nahe sein durfte. Und ich hoffe, dass seine Worte weltweit verstanden und gehört werden.“
Menschlichkeit des Papstes beeindruckt
„Auch für mich war der Papstbesuch, wie für uns alle, ein ganz besonderes Erlebnis, für das ich ewig dankbar sein werde“, sagt Christine, die als Mitglied der Pastoral-Equipe auch die Vorbereitungen in der Kathedrale mitgestalten konnte: „Mich hat die sichtliche Rührung von Papst Leo sehr bewegt und die Menschlichkeit, die er ausstrahlt. Sein Bemühen um Frieden in der Welt wird, so hoffe ich, Früchte tragen“, wünscht sie sich.
Für Gerda hingegen war der Besuch im wahrsten Sinn des Wortes „katholisch“, also „all-umfassend“:
„Und das war gut. Gut, dass er Brücken bauen konnte zum Volk und zur Zivilgesellschaft. Dass er Gespräche führte mit dem Oberrabbiner und im Diyanet. Aber er war auch katholisch im allumfassenden Sinn, was die Ökumene betrifft, die vielen verschiedenen Besuche. Und ganz besonders kam das beim Papstgottesdienst zum Ausdruck. Aramäisch, Arabisch, Syrisch, Italienisch, Lateinisch, das waren die Sprachen, die beim Gottesdienst verwendet wurden, und das sind die Sprachen, die wir hier in Istanbul im Alltag der Christen kennen und auch leben.“
Allumfassend
Klaus hingegen fand es besonders schön, dass der Papst ausgerechnet die Türkei und Libanon für seine erste apostolische Auslandsreise gewählt hatte: „Quasi zurück zu den Wurzeln des Christentums, und das auch betont hat. Das Logo des Papstbesuches ist die Brücke und ein Kreuz, die aufeinander eingestimmt sind. Ich hoffe, er bleibt weiterhin ein Brückenbauer und hat ein Zeichen gesetzt für die Zukunft“, wünscht er sich.
Für den Steyrer Felix war es „ein sehr wichtiges Zeichen, dass der Heilige Vater in die Türkei kommt und in der kleinen Gemeinde der Christen beziehungsweise Katholiken in Istanbul die Messe feiert“, sagt er uns. „Es ist ein wichtiges Zeichen für mich, ein Zeichen der Einheit der Christen auf der ganzen Welt, wie es vor 1700 Jahren das Konzil von nicht sehr ein wichtiger Meilenstein war. So soll auch dieser Aufenthalt des Papstes hier in Istanbul, in der Türkei und auch später auch im Libanon für uns ein Zeichen sein, aufeinander zuzugehen, die Geschwisterlichkeit zwischen den Christen und den Menschen zu leben.“
Glauben lebendig halten und Brücken beschreiten
Für Dorothea, Lehrerin am St.-Georgs-Kolleg in Istanbul, war es keine Frage, dabei sein zu wollen, als das Gerücht aufkam, dass der Papst im November in die Türkei reisen wolle:
„Wir haben dann über unsere Gemeinde, die Sankt Georgs-Gemeinde in Istanbul, die Möglichkeit bekommen, uns für den Gottesdienst in der Volkswagen Arena anzumelden, was ich natürlich gemacht habe und worauf ich mich sehr, sehr, sehr gefreut habe.“
Was vom Papstbesuch und dem Besuch des Gottesdienstes letztlich bleibe: „Ganz einfach: Ich habe das Wort ,Pontifex' verstanden. Papst Leo ist es als Brückenbauer gelungen, hunderte Christen an einen Ort zu bringen, die dann dort in verschiedensten Sprachen miteinander gefeiert, miteinander gebetet, miteinander gesungen haben. Jetzt liegt es an uns, die Brücken, die er gerade hier in Istanbul gebaut hat, auch zu beschreiten und so unseren Glauben lebendig zu halten.“
Ein Besuch also, das kann wohl ohne Übertreibung gesagt werden, der seine Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen wird, denen er gegolten hat.
(vatican news)
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