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2020.03.14 Petersdom Petersplatz Piazza San Pietro Basilica San Pietro

Österreich: Fiducia supplicans „ein lang ersehntes Geschenk"

Viele Geistliche und Seelsorger aus Österreich begrüßen die vatikanische Erlaubnis für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. „Gerade in einer Zeit großer Verunsicherungen und Belastungen braucht es die vielfache Zusage von Gottes Nähe in den tausend konkreten Lebensumständen“.

„Ich finde es erfreulich, dass im aktuellen Schreiben das urchristliche Verständnis des Segnens erneuert und vertieft wird“ so der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler in seiner Stellungnahme. „Segnen ist nicht die Verteilung eines TÜV-Zertifikates nach erfolgter moralischer Prüfung“, sondern es handle sich eher darum, „jemanden zum Leben zu ermutigen und gemeinsam die Hilfe Gottes zu erbitten“, so Glettler weiter.

Die „überraschend publizierte Erklärung des Dikasteriums“ mit dem Titel „Fiducia supplicans“ („Flehendes Vertrauen“) erkläre deutlich, dass ein Segen ein „Ausdruck von Trost, Fürsorge und Ermutigung“ sei und formuliere damit „eine echte pastorale Sorge“. „Gerade in einer Zeit großer Verunsicherungen und Belastungen braucht es die vielfache Zusage von Gottes Nähe in den tausend konkreten Lebensumständen“, schreibt der Innsbrucker Bischof.

Glettler begrüßt auch die „wichtige Differenzierung“ zur „Einzigartigkeit der sakramentalen Gestalt der Ehe“ in dem Schreiben aus dem Vatikan. In Abgrenzung zum liturgischen Ehesegen, der den geschlossenen Ehebund bestätige, sei „nun jedoch auch ein kirchlicher Segen für unverheiratete, wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare möglich“, erklärte der Bischof.

Handlungssicherheit für Seelsorgende

Auch Franz Harant von der „Regenbogenpastoral Österreich“ zeigte sich erfreut über die Erklärung des Glaubensdikasteriums, die Seelsorgenden Handlungssicherheit gebe: „Die ‚Segens-Heilsalbe‘ bringt niemand mehr zurück in die Tube.“ Beim Bemühen darum, in Österreich geeignete Segensformen zu finden, „können wir bereits auf bewährte Praxis blicken“, sagte Pastoralleiter Harant. Mit Blick in die Zukunft erwartet er sich „die längst erforderliche Neubewertung der Sexualität auf der Basis humanwissenschaftlicher Erkenntnisse“. Queere Menschen wünschten sich, dass ihre Lebensweise akzeptiert, wertgeschätzt und gewürdigt wird. Rückmeldungen aus der LGBTIQ-Community zeigten Harant: „Die einen sind froh, dass etwas weitergeht. Anderen geht das noch nicht weit genug.“

Vatikan hat „eine große Tür aufgemacht“

Im Ö1-Morgenjournal sprach der Wiener Dompfarrer Toni Faber von „einem lang ersehnten Geschenk“ von Papst Franziskus vor dem Hintergrund der Weltbischofssynode über die Synodalität der Kirche. Der Vatikan habe damit „eine große Tür aufgemacht“, so Faber. Schon bisher hätten „vernünftige Pfarrer in ihrer Klugheit und Spontaneität“ gleichgeschlechtlich empfindende Menschen bedingungslos angenommen und gesegnet. Die Möglichkeiten für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare beschrieb Faber als vielfältig: Die Liebenden könnten zu zweit oder mit Freunden und Familie kommen, der Segen im kirchlichen Rahmen wie einer Kapelle ausgesprochen werden oder an einem Ort, der für das Paar wichtig ist.

„Gleiche Würde und gleiche Rechte“ für alle

Die gemeinsame Plattform „kirchenreform.at“ von „Wir sind Kirche“, der Priester- und Laieninitiative und „Priester ohne Amt“ begann ihre Pressesendung mit den Worten „Und sie bewegt sich doch…“. Mit „Fiducia supplicans“ habe die Frage von Papst Franziskus 2013 kurz nach seinem Amtsantritt - „Wenn jemand homosexuell ist und Gott sucht und guten Willen hat, wer bin ich, ihn zu verurteilen?" – nun einen lehramtlichen Ausdruck gefunden. Die unterzeichnenden Vertreter der vier Gruppen, Martha Heizer, Helmut Schüller, Herbert Bartl und Ewald Benes, betonten, dass es trotz der guten Nachricht noch viel zu tun gebe. Sie kritisierten, „dass die Segnungen homosexueller Verbindungen nicht in Gottesdiensten beziehungsweise nicht im direkten Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier stattfinden dürfen“ und bemerkten, dass dies noch für viele Diskussionen sorgen werde. Das Ziel der Kirche müsse „gleiche Würde und gleiche Rechte“ für alle sein, „um der Botschaft des Evangeliums gerecht zu werden.“

(kap - vn)

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19. Dezember 2023, 15:12