Interreligiöse Stimmen zum 60. Geburstag von „Nostra Aetate"
Stefanie Stahlhofen - Rom/Vatikanstadt
Die evangelische Pastorin Angela Kunze-Beiküfner ist Hochschul- und Studierendenpfarrerin in Magdeburg. Sie bezeichnet sich als „großer Fan" der Erklärung, die „die Grundlage überhaupt für die interreligiösen Gespräche" sei. Sie erinnert im Interview mit Radio Vatikan auch an die besondere Rolle, die der Dialog mit dem Judentum für „Nostra Aetate" gespielt hat: „Ich finde das einfach wunderbar, was in diesen 60 Jahren gewachsen ist. Es fing ja an mit dem jüdisch-christlichen Dialog, mit den muslimischen Geschwistern, mit den asiatischen Religionen, afrikanischen Religionen - und es ist wunderbar, was heutzutage da einfach auch schon selbstverständlich geworden ist: Die Regeln eines interreligiösen Dialogs haben so viele auch verinnerlicht."
Bewegter jüdisch-christlicher Dialog
Jaron Engelmayer, Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, betont, das Dokument habe für die Juden auch „heute noch eine ganz besondere Bedeutung". Das Verhältnis zur katholischen Kirche und zur christlichen Gemeinschaft habe durch „Nostra Aetate" ein ganz anderes Fundament bekommen. „Seither ist eine Gemeinsamkeit entstanden, ein Dialog, vertrauensvoll auf Augenhöhe, der von jüdischer Seite sehr geschätzt wird." Es gebe „das Gefühl, aufeinander zuzugehen und von Jahr zu Jahr das weiter vertiefen zu können". 60 Jahre sei „eine bemerkenswerte Marke, die wir gerne auch feiern möchten, weil auch viel dabei erreicht wurde" - auch wenn es immer wieder auch Herausforderungen gebe und Gesprächsbedarf und Kommunikation nötig seien - „aber genau darum geht es ja, wenn man im Dialog steht".
Avichai Apel, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und Vorsitzender der Rabbiner-Konferenz in Deutschland, berichtet, dass gerade in jüngster Zeit wieder viel über „Nostra Aetate" nachgedacht werde - und darüber, „was Nostra Aetate wirklich gebracht" habe. In den jüdischen Gemeinden gebe es in den vergangenen Jahren auch unterschiedliche Stimmen, die auch fragten: „Gibt es vielleicht einen Rückzug von Nostra Aetate?". Er erinnert auch an die Zeiten davor: „Antisemitismus und Verfolgung waren Teil der Politik oder Ideologie, je nach Verständnis. Gott sei Dank ist vor 60 Jahren Nostra Aetate gekommen, und hat die Welt verändert."
Es gebe aber aktuell wieder aufflammenden Antisemitismus, der Sorgen bereite: „Antisemitismus hat sich leider verbreitet. Und manche fragen sich: ,Bleiben wir in christlichen Ländern oder müssen wir nach Israel ziehen?" Die Feierlichkeiten zu 60 Jahren „Nostra Aetate" sieht Rabbi Apel als Hopffnungszeichen für die Zukunft: „Wir hoffen, dass Christen und Juden einander noch näher kommen werden."
Bedeutend auch für Muslime
Mohammed Abdelrahem, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Paderborner Institut für Islamische Theologie, hat sich mit „Nostra Aetate" auch in seiner Dissertation beschäftigt. „Ich als Muslim finde, es ist ein historisches Dokument, das das Christentum im Besonderen und auch die anderen Religionen im Allgemeinen einen Schritt nach vorne gebracht hat. Deshalb ist auch wichtig, dass man feiert. Nostra Aetate ist eine der wichtigsten Stationen in der Geschichte, die uns alle als religiöse Leute, als Gläubige verbindet und in Kontakt miteinander gebracht hat."
Die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB), Kristina Kühnbaum-Schmidt, glaubt, dass es „immer wichtiger" werde, „dass wir als Angehörige verschiedener Religionen in der Welt miteinander unterwegs sind, dass wir Brücken bauen, dass wir kooperieren, insbesondere zum Thema Frieden, aber auch zum Thema Bewahrung der Schöpfung und natürlich auch im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen in der ganzen Welt. Diese drei Themen Frieden, Migration und Klimawandel gehören unmittelbar zusammen. Und da können wir nur gemeinsam in der Welt agieren, als globale Weltgemeinschaft. Und der Dialog zwischen den Religionen spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle."
(vatican news - sst)
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