Wortlaut: Papst Leo XIV. bei seiner Sonder-Generalaudienz
Liebe Brüder und Schwestern, guten Morgen! ...
In dem soeben verlesenen Bibeltext (Lk 16,13-14) bemerkt der Evangelist, dass einige Menschen Jesus verspotten, nachdem sie ihm zugehört haben. Seine Worte über die Armut erscheinen ihnen absurd. Genauer gesagt, fühlen sie sich wegen ihrer Bindung an das Geld tief getroffen davon.
Liebe Freunde, ihr seid als „Pilger der Hoffnung“ gekommen, und das Heilige Jahr ist eine Zeit der konkreten Hoffnung, in der unser Herz Vergebung und Barmherzigkeit finden kann, um neu zu beginnen. Das Heilige Jahr nährt auch die Hoffnung auf eine andere Verteilung des Reichtums, und es nährt den Gedanken, dass die Erde allen gehört, denn in Wirklichkeit ist das nicht so. In diesem Jahr müssen wir uns entscheiden, wem wir dienen wollen: der Gerechtigkeit oder der Ungerechtigkeit, Gott oder dem Geld.
Hoffen heißt wählen. Das bedeutet mindestens zwei Dinge. Das Offensichtlichste ist, dass sich die Welt verändert, wenn wir uns verändern. Die Pilgerreise dient diesem Zweck, sie ist eine Entscheidung. Man durchschreitet die Heilige Pforte, um in eine neue Zeit einzutreten. Die zweite Bedeutung ist tiefer und subtiler: Hoffen bedeutet wählen, weil jemand, der nicht wählt, verzweifelt. Eine der häufigsten Folgen spiritueller Traurigkeit … besteht darin, nichts zu wählen. Wer sie empfindet, wird von einer inneren Faulheit erfasst, die schlimmer ist als der Tod. Hoffen hingegen bedeutet wählen.
Ich möchte heute an eine Frau erinnern, die mit Gottes Gnade eine Entscheidung getroffen hat. Ein mutiges Mädchen, das gegen den Strom schwamm: Klara von Assisi. Und ich freue mich, gerade am Festtag des heiligen Franziskus über sie zu sprechen. Wir wissen, dass Franziskus mit seiner Familie brechen musste, als er sich für die Armut gemäß dem Evangelium entschied. Aber er war ein Mann: Es gab zwar einen Skandal, aber der war gering. Die Entscheidung von Klara war dagegen noch beeindruckender: Einr junge Frau, die es wie Franziskus machen wollte, die als Frau so frei leben wollte wie diese Brüder!
Klara hat verstanden, was das Evangelium verlangt. Aber auch in einer Stadt, die sich für christlich hält, kann das Evangelium, wenn man es ernst nimmt, wie eine Revolution erscheinen. Damals wie heute muss man sich entscheiden! Klara hat sich entschieden, und das gibt uns große Hoffnung. Wir sehen nämlich zwei Folgen ihres Mutes, diesem Wunsch zu folgen: Die erste ist, dass viele andere junge Frauen aus dieser Gegend denselben Mut fanden und sich für die Armut Jesu, das Leben der Seligpreisungen, entschieden. Die zweite Folge ist, dass diese Entscheidung kein Strohfeuer war, sondern bis heute Bestand hat. Klaras Entscheidung hat Berufungsentscheidungen auf der ganzen Welt inspiriert und tut dies bis heute.
Jesus sagt: Man kann nicht zwei Herren dienen. Auf diese Weise ist die Kirche jung und zieht junge Menschen an. Klara von Assisi erinnert uns daran, dass das Evangelium junge Menschen anspricht. Das ist auch heute noch so: Junge Menschen mögen Menschen, die sich entschieden haben und die die Konsequenzen ihrer Entscheidungen tragen. Und das macht anderen Mut, sich ebenfalls zu entscheiden. Es ist eine heilige Nachahmung: Man wird nicht zu einer „Kopie“, sondern jeder, der sich für das Evangelium entscheidet, entscheidet sich für sich selbst. Er verliert sich selbst und findet sich selbst. Die Erfahrung zeigt: So läuft das.
Lasst uns also für die jungen Menschen beten; und lasst uns dafür beten, dass wir eine Kirche sind, die nicht dem Geld oder sich selbst dient, sondern dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit. Eine Kirche, die wie die heilige Klara von Assisi den Mut hat, auf andere Weise in der Stadt zu leben. Das gibt Hoffnung!
(vatican news)
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