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Papst betet an Libanons „Ground Zero“

Papst Leo XIV. hat an Libanons „Ground Zero“ gebetet – dem Schauplatz einer der verheerendsten Katastrophen, die die Hauptstadt in den letzten Jahren heimgesucht haben.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Über 200 Menschen starben, und über 6.500 Menschen wurden verletzt, als am 4. August 2020 im Hafen von Beirut ein Lagerhaus mit mehr als 2.000 Tonnen Sprengstoff in die Luft ging. Die Explosion brachte Tod und Zerstörung über große Teilen der Stadt. Am Ort dieses Dramas hielt nun Papst Leo XIV. an diesem Dienstagmorgen, dem letzten Tag seiner Visite im Libanon, zu einem stillen Gebet inne.

Einen Gebetstext hatten die Organisatoren ihm nicht vorbereitet, schließlich ist das Thema für die libanesische Öffentlichkeit weiterhin ein explosives. Auch fünf Jahre nach dem Knall vom Hafen sind viele Opfer traumatisiert, rufen – bisher vergeblich – nach einer Aufklärung der Hintergründe und einem Prozess für die Verantwortlichen.

  (@Vatican Media)


„Das Leiden war unbeschreiblich“

„Wir sind zusammen mit vielen anderen jungen Leuten aus dem ganzen Libanon gleich nach der Explosion an den Ort der Katastrophe geeilt“, das berichtete eine junge Frau namens Maria am Montagabend bei einer öffentlichen Begegnung mit dem Papst in Bkerké. „Das Leiden dort war unbeschreiblich. Die Menschen hatten Schmerzen, viele hatten von einem Moment auf den anderen ihre Wohnungen verloren, viele standen aus Angst einfach stocksteif da und verstanden gar nicht, was da vorgefallen war. Wir säuberten die Straßen, reparierten die Wohnungen, begleiteten die Verletzten und halfen allen, die traumatisiert waren.“ Was Maria nicht erwähnte, war die weitgehende Abwesenheit staatlicher oder behördlicher Hilfe nach dem großen Knall.

Der libanesische Ministerpräsident Nawaf Salam hieß den Papst auf dem Hafengelände willkommen. Salam ist sunnitischer Muslim, ein früherer Präsident des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. Mit ihm verbinden viele die Hoffnung, dass die Untersuchung der Explosion von 2020 jetzt endlich Fahrt aufnimmt. Bis vor kurzem hatten Vertreter der politischen Elite dieser Untersuchung immer wieder Stöcke in die Speichen gehalten. Ende Juli hat Salam den 4. August, Tag der Explosion, offiziell zum Trauertag erklärt; außerdem traf sich der neue Präsident Joseph Aoun mit Opfern – eine Premiere.

  (@Vatican Media)
Stilles Gebet des Papstes im Hafen von Beirut - Radio Vatikan berichtet


Papst legt Kranz nieder

„Wir haben noch am Tag der Explosion angefangen und wochenlang durchgearbeitet“, so Maria über das Schuften vieler Freiwilliger nach der Tragödie. Für sie war der Einsatz ein Zeichen für den Zusammenhalt des Landes trotz aller Widrigkeiten. „Keiner fragte den anderen ‚Wer bist du‘, ‚Woher kommst du‘ oder ‚Zu welcher Gemeinschaft gehörst du‘. Jeder war einfach ein Mensch, der anderen Menschen half. Libanesen, die Schulter an Schulter standen.“

Papst Leo betete am Ort des Dramas mit gefalteten Händen. Dann legte er vor einem Mahnmal, das an die Katastrophe erinnert, einen Kranz nieder und sprach kurz mit einigen Betroffenen und Überlebenden der Katastrophe, die als die verheerendste nicht-nukleare Explosion der neueren Geschichte gilt. Nur zwanzig Minuten hatten die Planer der Papstreise für diesen Moment angesetzt. Viele der Betroffenen, denen Leo Trost zusprach, trugen Fotos von Angehörigen in der Hand, die am 4. August vor fünf Jahren ums Leben gekommen sind.

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 „Tiefe Wunden, die nur langsam verheilen“

Öffentlich geäußert hat sich Leo, der am Sonntag von der Türkei kommend im Libanon eingetroffen ist, bislang nicht zur Explosion im Hafen. Bei seiner Begegnung mit Jugendlichen am Montagabend sprach er nur anspielungsweise „von tiefen Wunden, die nur langsam verheilen“. Doch beim 5-jährigen Gedenken in Beirut Anfang August dieses Jahres war auch sein Botschafter im Libanon, Erzbischof Paolo Borgia, dabei. Er verlas eine Botschaft aus dem Vatikan, in der Leo „allen, deren Herzen durch die Katastrophe verletzt oder die dabei alles verloren haben, sein Mitgefühl“ ausrichten ließ. Die Tränen Christi mischten sich „angesichts des Verlusts und des Leidens unserer Lieben mit unseren Tränen“, so die Botschaft. Und weiter: „Der Tod hat nicht das letzte Wort und wird es niemals haben“.

Vom Ort der Explosion aus fuhr Papst Leo weiter zur nur 2,5 km entfernten Küstenzone Beirut Waterfront. Die Messfeier dort ist laut Programm der letzte öffentliche Auftritt des Papstes im Libanon vor seinem Rückflug nach Rom am Dienstagmittag.


(vatican news)

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Stilles Gebet im Hafen von Beirut
02. Dezember 2025, 09:22