Berufungsprozess im Vatikan vertagt auf Februar 2026
Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt
Im Berufungsverfahren zum sogenannten „London-Prozess“ im Vatikan haben die Anwälte nun also mehrere Monate Zeit, um ihre Einreden vorzubereiten. Im Gerichtssaal anwesend waren Kardinal Angelo Becciu, Enrico Crasso und Fabrizio Tirabassi. Die Entscheidung wurde unter den anwesenden Anwälten als „salomonisch“ kommentiert: Bis Februar könnte die letzte Instanz nämlich sowohl über die Ablehnung des Kirchenanwaltes Diddi, der als Staatsanwalt fungiert, als auch über die Frage der Unzulässigkeit seiner Berufung befinden. Diddi war in selbiger Funktion bereits in der ersten Instanz des Prozesses involviert.
Das unter dem Vorsitz von Alejandro Arellano Cedillo tagende Gericht lehnte insbesondere den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Aussetzung des Prozesses ab. Vielmehr legte der Richter einen langen Zeitraum bis zum nächsten Jahr fest, in dem die Anwälte Schriftsätze zu den von ihnen selbst erhobenen vorläufigen Fragen einreichen müssen, genauer bis zum 7. November (mit Möglichkeit zur Erwiderung bis zum 28. November). Die Akten wurden somit nicht an den Kassationsgerichtshof übermittelt, der seinerseits mehr Zeit für seine Entscheidung zur Personalie Diddi hat.
Der Prozesstag
Das Büro des Kirchenanwaltes, der in dem Vatikanprozess als Staatsanwalt auftritt, hatte am Sonntag kurzfristig beim Kassationsgericht Einrede gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes vom 25. September eingelegt, mit dem der Einspruch Diddis gegen das Urteil der ersten Instanz wegen mangelnder Begründung und verspäteter Einreichung der Akten für unzulässig erklärt wurde.
In der Sitzung erklärte Zannotti, dass der Beschluss des Berufungsgerichts ein „abnormes“ Rechtsmittel darstelle, also einen Verfahrensakt, der „außerhalb des prozessualen Systems“ stehe und das Verfahren blockieren könnte. Er sprach von einer drohenden „prozessualen Stagnation“, da die Berufungskammer „nicht befugt gewesen sei, allein über die Zulässigkeit der Berufungsgründe zu entscheiden“. Dies sei in keiner Vorschrift des Strafprozesskodex vorgesehen.
Eine solche Situation, so Zannotti, könne nur der Kassationsgerichtshof beheben. Andernfalls könnte dieses „abnorme Handeln“ negative Folgen für das Büro des Kirchenanwaltes haben, das im Falle der Aufhebung des Beschlusses durch die Kassation „eine Instanz verlieren“ würde – eine „Kurzschlussreaktion“, die die Position der Staatsanwaltschaft gefährden würde. Daher beantragte Zannotti die Aussetzung oder zumindest Vertagung des Berufungsverfahrens bis zu einem Zeitpunkt, an dem der Kassationshof bereits über den Rekurs entschieden haben könnte, um die „Gleichheit aller Parteien“ zu gewährleisten.
Die Erwiderungen der Verteidigung
Die Verteidiger beantragten ihrerseits die Zurückweisung der Berufung des Kirchenanwaltes wegen Unzulässigkeit gemäß den Artikeln 514 und 515 der Strafprozessordnung sowie wegen „Unbegründetheit“ und „Widersprüchlichkeit“. Anwalt Luigi Panella, der den Finanzberater Enrico Crasso vertritt, argumentierte, dass der Kirchenanwalt keine „Berufungsvorbehaltserklärung“ unmittelbar nach der Urteilsverkündung abgegeben habe, wie es erforderlich gewesen wäre.
Auch Gian Domenico Caiazza, Anwalt des Finanziers Raffaele Mincione, wies darauf hin, dass das Büro des Kirchenanwaltes im Jahr 2022 im sogenannten Caloia-Prozess selbst die Unzulässigkeit einer Berufung wegen „mangelnder Begründung“ beantragt und erhalten hatte. Warum exakt dieselbe Argumentation nun nicht mehr gelte, so die Frage des Verteidigers.
Der Beschluss des Berufungsgerichts
Nach Beratung lehnte das Gericht den Antrag des Kirchenanwaltes auf Aussetzung des Verfahrens ab und ordnete an, die Akten nicht an die Kassation weiterzuleiten. Zudem wurde entschieden, dass bis zum 7. November 2025 erläuternde Schriftsätze zu den vorläufigen Fragen eingereicht werden müssen.
Die nächsten Anhörungstermine wurden auf den 3., 4., 5. und 6. Februar 2026, jeweils von 9 bis 13.30 Uhr, festgelegt.
(vatican news - cs)
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