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Krankenhaus in Brovary bei Kiew: Ein Arzt untersucht einen verwundeten ukrainischen Soldaten nach einem nächtlichen Beschuss Krankenhaus in Brovary bei Kiew: Ein Arzt untersucht einen verwundeten ukrainischen Soldaten nach einem nächtlichen Beschuss  

Nuntius in der Ukraine: Enorme Solidarität inmitten des Krieges

Erzbischof Visvaldas Kulbokas, Nuntius in Kiew, hat während einer Pause der Bombardierung der ukrainischen Hauptstadt von der Solidarität berichtet, die in der Stadt unter Christen und auch Muslimen entstanden sei. Der Mufti habe den Katholiken Essen und Unterkunft in der Moschee angeboten, insgesamt blühe Solidarität auf.

Mario Galgano und Alessandro De Carolis - Vatikanstadt

In der Nuntiatur läuft er mit seinem Rucksack auf der Schulter herum, „weil man nie weiß, wo man in den nächsten Sekunden sein wird...“. Wie die meisten Ukrainer kommuniziert Erzbischof Visvaldas Kulbokas nur dann mit der Außenwelt, wenn Raketen und Bomben um ihn herum ihm eine Pause verschaffen. „Heute Morgen ist es relativ ruhig, man hat uns gesagt, dass wir rausgehen können, um zu sehen, ob die Geschäfte geöffnet sind“, sagt er im Gespräch mit Radio Vatikan.

Nuntius will bleiben

Der Apostolische Nuntius in der Ukraine will Kiew trotz anhaltender Gefechte nicht verlassen. „Es wäre widersprüchlich, wenn ich nun abreisen und die Menschen im Stich lassen würde“, sagte er dem Sender „Radio Horeb“ am Dienstag. Die Lage sei „wirklich sehr besorgniserregend“, so der 47-Jährige Vatikandiplomat. „Wir müssen immer wieder in die Luftschutzkeller, in die Bunker fliehen, um uns zu schützen.“ Er selbst habe immer einen Rucksack mit dem Allernötigsten dabei. „Denn ich weiß nicht, was in den nächsten Sekunden passieren kann.“

Die katholische Kirche versuche derweil alles zu tun, um sich für Frieden in der Ukraine einzusetzen, so der Nuntius. Zuversichtlich stimme ihn dabei die Anteilnahme aus aller Welt. „Ich erhalte so viele Nachrichten, ich kann sie gar nicht alle lesen. Alles Nachrichten, die mir mitteilen, dass die Menschen im Gebet und in Solidarität miteinander verbunden sind.“ Dies sei inmitten der Kriegswirren ein „positiver Aspekt“.

Die Situation sei zwar sehr dramatisch, aber er müsse auch sagen, dass diese Situation Folgen habe, die er als schön bezeichnen würde. „Hier in Kiew gibt es viel Solidarität auf Gemeindeebene - ich beziehe mich auf die katholische Gemeinde, die griechisch-katholische Gemeinde, aber gestern haben wir auch mit dem Sprecher der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats gesprochen, begleitet von Solidaritätsbekundungen mit dem ganzen Land, mit den Menschen. Wir haben auch mit dem Assistenten des ukrainischen Muftis gesprochen, und sie haben uns auch gesagt, dass sie hier in ihrer Moschee Lebensmittel und einen Unterschlupf organisiert haben, falls wir etwas brauchen... Es gibt also sehr viel Solidarität auf konfessioneller und interreligiöser Ebene, und es gibt auch sehr viel Solidarität auf globaler Ebene, zumindest in einem großen Teil der Welt: Ich sehe eine Menge Aufmerksamkeit, eine Menge Hilfe, die gesammelt wird... Und vor allem sehe ich die Herzen der Menschen: Herzen, die sich nahe sind.“

Kurienerzbischof beklagt schwache Rolle der EU

Unterdessen hat der vatikanischen Kurienerzbischof Vincenzo Paglia, die Rolle der EU im russischen Angriffskrieg als „schwach und energielos“ bezeichnet. Bereits zum zweiten Mal seit den 1990er Jahren und den Balkankriegen habe mangelnde Einigkeit in der Außenpolitik einen Konflikt nicht verhindern können, beklagte der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben im Interview mit der italienischen Zeitung „Il Mattino“ (Dienstag).

Es sei das zweite Mal, dass „die besorgniserregende Leichtfertigkeit und eine Verzögerung beim Festlegen gemeinsamer Ziele“ zu einer humanitären Katastrophe führten, so Paglia weiter. „Meine Angst ist, dass jetzt nur aus einem emotionalen Impuls heraus reagiert wird, mit irrationalen Entscheidungen.“ Entscheidend sei es, der Invasion ein Ende zu setzen. Hierfür müsse ein Dialog begonnen werden; die Lösung dürfe nicht den Waffen überlassen werden.

Er träume davon, so Paglia weiter, dass Papst Franziskus gemeinsam mit den Patriarchen der verschiedenen ostkirchlichen Riten wie im März 2020 auf den Petersplatz gehe, um das Gewissen aller aufzurütteln - in Empörung und Liebe.

(vatican news/radio horeb/ansa)

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01. März 2022, 13:08