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Die strahlenden Absolventinnen des Hebammen-Kurses (c) missio München Die strahlenden Absolventinnen des Hebammen-Kurses (c) missio München 

Hebammen für den Südsudan

Hört man von Südsudan, dann geht es meistens um den Bürgerkrieg und seine Folgen. Es gibt aber auch erfreuliche Nachrichten. Im Ausbildungszentrum für Pflegekräfte in der Diözese Wau haben gerade drei Hebammen erfolgreich ihre Ausbildung abgeschlossen.

Brigitte Schmitt - Rom

Im Ausbildungszentrum Catholic Health Training Institute in der Diözese Wau, der drittgrößten Stadt im Westen Südsudans, kämpft die katholische Kirche für ein besseres Gesundheitswesen. Dank des Engagements des katholischen Hilfswerkes missio München und seiner lokalen Partner werden dort Krankenschwestern, Pfleger und Hebammen ausgebildet.

Christian Selbherr von missio München war Anfang des Jahres vor Ort und beschreibt das Catholic Health Training Institute in Wau als eine Art Internat: „Es ist ein riesiges Center, es hat Landwirtschaft dabei, Wohngebäude. Gebäude für die Schwestern, die es leiten. Es hat Sportstätten. Man muss sich das Center so vorstellen wie eine kleine Universität, ein Internat, mit Schlaf- und Essensräumen. Die Auszubildenden werden dort unterrichtet und für die praktische Ausbildung werden sie zu den Krankenhäusern gefahren. So, dass Theorie und Praxis zusammenspielt.“

Die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen liegt im Südsudan bei nur 57 Jahren für Frauen und 54 Jahren für Männer. Die Gesundheitsversorgung ist in dem von Krieg und Krisen geplagten Land extrem schlecht. Das soll sich endlich ändern.

Junge Frauen sollen gut ausgebildet werden

Gerade haben drei Hebammen ihre Ausbildung abgeschlossen. Gott sei Dank drei junge Frauen, sagt Tatjana Gerber, die Gesundheitsberaterin, die seit 10 Jahren in Südsudan arbeitet, denn dass Frauen arbeiten ist nicht üblich.

„Das liegt zum Teil daran, dass in den Familien mehr in die Ausbildung von Männern investiert wird als in Frauen, weil die Kultur es so will, dass die Frauen heiraten, Kinder bekommen und für den Haushalt zuständig sind. Die Männer sind dazu da, den Lebensunterhalt zu verdienen."

Aber es bewege sich etwas, sagt Gerber. Denn das Ziel sei Empowerment: „Von unserer Diözese melden sich bestimmt so 200 bis 300 Interessierte pro Jahr, wobei 70 Prozent davon Männer sind, aber wir versuchen, dass der Frauenanteil im CHTI mindestens 50 Prozent erreicht. Wir wollen die Frauen sozusagen empowern.“

Tatjana Gerber, Health Advisor für die Diözese Wau, Südsudan, beim Besuch des Agok Leprosy Centers, eines Lepradorfs, das 30 Minuten von der Stadt entfernt liegt. Derzeit beherbergt es 30 Männer und Frauen.
Tatjana Gerber, Health Advisor für die Diözese Wau, Südsudan, beim Besuch des Agok Leprosy Centers, eines Lepradorfs, das 30 Minuten von der Stadt entfernt liegt. Derzeit beherbergt es 30 Männer und Frauen.

Bedarf ist enorm

Der Bedarf an Pflegepersonal, Krankenschwestern und Hebammen ist enorm. Jede Erkrankung kann zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Weil Medikamente fehlen, oder weil es schlicht unmöglich ist, rechtzeitig einen Arzt oder eine Klinik zu erreichen. Gut 90 Prozent aller Geburten geschehen ohne die Anwesenheit von medizinischem Personal. Das Risiko für Frauen, bei einer Geburt zu sterben, ist deshalb enorm. Die Müttersterblichkeit gehört zu den höchsten weltweit.

Seit 2010 wurden im Health Center der Diözese von Wau 208 Krankenschwestern und -pfleger sowie 99 Hebammen ausgebildet.

Schwester Bindu George, die bis vor kurzem das Catholic Health Training Institute in Wau leitete, freut sich, dass die Studentinnen im Leben vorwärtskommen. Sie vertraut darauf, dass die jungen Frauen eines Tages im Südsudan arbeiten werden. Denn hier würden sie am meisten gebraucht. Tatjana Gerber beobachtet noch eine andere Kuriosität: Gute Kräfte werden von den Nachbarstaaten und von den großen Hilfsorganisationen abgeworben. „Es ist so, dass internationale Organisationen wie UNICEF, UNFPA oder World Vision natürlich auch gutes Personal haben möchten, und die werben die ausgebildeten Krankenschwestern und Hebammen ab, wenn sie einen guten Abschluss haben und wenn sie sich gut auf Englisch verständigen können. So können sie in der Verwaltung arbeiten, als Supervisor oder Projektkoordinatoren. Aber die fehlen dann natürlich in der Pflege.“

Abwanderung vermeiden

Vor zehn Jahren gab es in Südsudan nur rund 200 Ärzte; zwar sei dies schon besser geworden. Aber es bleibe das Problem: „Wer sich spezialisieren will, zum Beispiel als Kinderarzt oder Geburtshelfer, der muss zu dieser Ausbildung ins Ausland. Das ist schwierig, weil das sehr teuer ist. Es gibt zwar Stipendien, aber Ärzte müssen auch ihre Familie zuhause finanzieren und ernähren - und das schaffen viele nicht."

Natürlich versucht das Health Institut, die ausgebildeten Kräfte zu halten, betont Philipp Stangl, Länderreferent bei missio München. „Eine Bedingung ist, dass sie sich verpflichten, zwei oder drei Jahre im kirchlichen System zu bleiben. Damit sie eben nicht gut ausgebildet werden, und danach wandern sie sofort ab.“

Auch wenn die Krankenhäuser bei weitem nicht mit westlichem, europäischem Standard verglichen werden könnten, sei der Standard in den kirchlichen Institutionen wesentlich höher.

Staat kommt seiner Aufgabe nicht nach

Hintergrund sei aber auch, dass der Staat versage, betont Christian Selbherr: „Ich denke, der Bedarf ist sehr hoch, weil Wau oder der Südsudan ein Gebiet darstellen, wo der Staat nicht seiner Aufgabe nachkommt, ein funktionierendes Gesundheitssystem auf die Beine zu stellen. Deshalb sind Einrichtungen wie das CHTI der Diözese mit der Arbeit von Tatjana sehr wichtig, um den Staat zu ersetzen und ein Gesundheitssystem bereitzustellen für die Bevölkerung.“

Gerade in dem von Unruhen gebeutelten Land sei es wichtig, dass die Menschen Vertrauen in die Kirche haben, sagt Tatjana Gerber: „Gerade im Südsudan haben die Missionsschwestern vom Heiligen Geist, die katholischen Schwestern, wie sie hier genannt werden, ein hohes Ansehen und sind immer willkommen. Wir haben in der Diözese auch ein Krankenhaus, das von Comboni-Schwestern geleitet wird. Dort arbeitet eine Schwester als Chirurgin, eine ist Geburtshelferin und andere Schwestern arbeiten in der Pflege.“

Mutige Helfer

Südsudan ist ein Pulverfass - bis heute flammt immer wieder Gewalt zwischen den einzelnen politischen Fraktionen auf. Menschen sind ständig auf der Flucht. Erst im September warnte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, vor dem Ausbruch eines neuen Bürgerkrieges, nachdem Dörfer, Schulen und sogar Krankenhäuser von Regierungstruppen angegriffen worden waren. Die UN verzeichnete allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 2000 Opfer.

Doch trotz dieser Gewalt fühlt sich Tatjana Gerber sicher: „Ich arbeite schon seit zehn Jahre im Südsudan und bin auch schon dreimal evakuiert worden, weil es zu heftig war. Aber im Vergleich ist es in Wau sehr ruhig, wenn man von woanders immer wieder von Toten hört, aber das erleben wir hier nicht so, und darum bin ich so gerne hier.“

missio fördert Projekte

Tatjana Gerber, Philip Stangl und Christian Selbherr arbeiten für missio München. Allein im vergangenen Jahr wurden von dem Hilfswerk 633 Projekte in 40 Ländern in Afrika, Asien und Ozeanien gefördert. Einsatzschwerpunkte sind Bildung, die Förderung von und sowie die Entwicklung im ländlichen Raum. 2024 hat missio über 42 Millionen Euro für Hilfsprojekte ausgegeben.

(vatican news)

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17. Oktober 2025, 11:01