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Bei der Pressekonferenz in Wroclaw/Breslau Bei der Pressekonferenz in Wroclaw/Breslau 

Polen: Feiern zu 60 Jahren Briefwechsel

Es war „visionär und seiner Zeit voraus“: Das sagte Erzbischof Józef Kupny von Wrocław (Breslau) und stellvertretender Vorsitzender der polnischen Bischofskonferenz. Seine Worte galten dem Briefwechsel der polnischen und deutschen Bischöfe vor genau sechzig Jahren.

Tomasz Zielenkiewicz * – Wrocław

An diesem Dienstag fanden in Wrocław (Breslau) Gedenkfeierlichkeiten statt, an denen Mitglieder der Bischofskonferenzen Polens und Deutschlands, der päpstliche Nuntius in Polen, aber auch Vertreter der Regierungen beider Länder teilnahmen. 1965 hatten die polnischen Bischöfe eine Botschaft an ihre deutschen Amtsbrüder gerichtet; das Dokument wurde vom damaligen Erzbischof von Breslau, Bolesław Kominek, handschriftlich verfasst. Kernsatz des Briefes waren die berühmten Worte: „Wir vergeben und bitten um Vergebung“.

Bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der Feierlichkeiten betonte Erzbischof Kupna, dass sowohl der Brief von Kardinal Kominek als auch die Antwort der deutschen Bischöfe bahnbrechende Dokumente gewesen seien. „Wir treffen uns sechzig Jahre nach ihrer Veröffentlichung und wissen aus der heutigen Perspektive, wie stark sie das spätere vereinte Europa geprägt und seine heutige Gestalt beeinflusst haben. Wir sehen, dass die Botschaft der polnischen Bischöfe in gewisser Weise visionär und ihrer Zeit voraus war“, sagte der Erzbischof von Breslau.

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Ein Funke der Versöhnung - ausgerechnet aus Breslau

Kupna brachte seine Überzeugung zum Ausdruck, dass der Geist dieses Briefwechsels weiterhin Wirkung zeigen werde – nicht nur in Polen und Deutschland, sondern in ganz Europa. „Europa braucht Frieden, echten Dialog und Einheit auf der Grundlage universeller christlicher Werte. Dass die Idee der Versöhnung nach wie vor aktuell ist, muss wohl niemandem mehr erklärt werden“, betonte der Kirchenvertreter.

„Als Nachfolger von Kardinal Bolesław Kominek fühle ich mich verpflichtet, daran zu erinnern, dass ausgerechnet aus Wrocław der unglaubliche Funke der deutsch-polnischen Versöhnung entsprungen ist und wir ihn heute mit unserer Anwesenheit weiterführen“, betonte er. Nach Ansicht des Erzbischofs hilft die Botschaft, „den anderen Menschen mit den Augen Jesu zu sehen, voller Verständnis und Liebe“.


Gemeinsames Europa

Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, war ebenfalls bei den Feiern in Wrocław dabei. Er betonte, dass Polen und Deutschland einander bräuchten – und zwar, um ein Europa aufzubauen, „das für uns alle ein Garant von Sicherheit und Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit sein soll“.

„In den letzten vier Jahren standen Polen und Deutschland einander nahe, indem sie die Ukrainer in ihrem Verteidigungskampf unterstützten, humanitäre Hilfe leisteten und die Stabilität des Kontinents stärkten. Die Kontakte zwischen der Kirche in Polen und der Kirche in Deutschland sind genauso notwendig. Denn wenn sie mit einer Stimme sprechen, können sie eine ethische Dimension in die Debatten einbringen, die auf dem Evangelium basiert. Die Wirksamkeit unserer Bemühungen hängt auch von unserer Zusammenarbeit und der Einheitlichkeit unseres Zeugnisses ab“, betonte Bischof Bätzing.


Inspiration für die Völker

Den Briefwechsel von vor sechzig Jahren bezeichnete er als „mutige Initiative“. Sie könne auch für uns Heutige „eine belebende Inspiration auf dem Weg zur Vertiefung des Zusammenlebens unserer Völker und unseres gesamten Kontinents sein“.

Der Vorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Tadeusz Wojda, erinnerte daran, dass der Brief der polnischen Bischöfe im Kontext des Zweiten Vatikanischen Konzils entstanden sei. „Die Formulierung ‚Wir vergeben und bitten um Vergebung’ trägt die ganze Tiefe der christlichen Spiritualität in sich. Sie berührt auch die Wahrheit über die Sünde, die zwischenmenschliche und internationale Beziehungen verletzt“, betonte er.

Aus seiner Sicht sei der Briefwechsel wie Balsam „auf die noch immer offenen Wunden des Krieges in der Erinnerung beider Völker gewesen, die durch die Bilder von Verbrechen, Zerstörung, Deportationen und Konzentrationslagern wieder aufgerissen wurden“.


Der Mut der Kirche

„Die Kirche beider Nationen hatte den Mut, die Sprache des Evangeliums zu sprechen, nicht die der Politik“, sagte Erzbischof Wojda. „Sie hatte den Mut, darauf hinzuweisen, dass Versöhnung möglich ist, weil Gott größer ist als unsere Ängste und der Heilige Geist Grenzen und Mauern überwindet.“

Die Feierlichkeiten begannen am Vormittag vor dem Denkmal für Kardinal Bolesław Kominek auf der Insel Piasek. Weitere Punkte auf dem Programm: Eine Messfeier unter Beteiligung polnischer und deutscher Bischöfe im Dom. Passend zum Jubiläum des Briefwechsels startete im Erzdiözesanmuseum außerdem die neue Dauerausstellung „Versöhnung für Europa”. Für den Abend war ein Konzert im Nationalen Musikforum vorgesehen.

* Der Autor ist Mitarbeiter des polnischen Rundfunks.

(vatican news)

  (Radio eM Katowice)

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19. November 2025, 13:35