Serbischer Kardinal: Jugendproteste zeigen „einmalige Energie“
Mario Galgano - Vatikanstadt
Im Gespräch über die Bedeutung der Charta Oecumenica, die unter anderem neue Kapitel zu Migration, Frieden, Jugend und Künstlicher Intelligenz enthält, legte Kardinal Nemet den Schwerpunkt auf die komplexe Situation in Serbien.
Kirchenstreit durch Ukraine-Krieg
Auf europäischer Ebene sei die ökumenische Arbeit durch Rückschläge geprägt. Die Serbisch-Orthodoxe Kirche (SOK), einst eine der führenden ökumenischen Kirchen, habe ihre Teilnahme an der Arbeit der „Konferenz Europäischer Kirchen (KEK)“ eingestellt. Dies sei eine Reaktion auf die Aufnahme der unabhängigen ukrainischen Kirche in das Gremium gewesen.
„In diesem Sinne ist es für mich ein großes Leid und es ist eine Enttäuschung“, sagte Kardinal Nemet. Die abwesenden orthodoxen Kirchen – darunter die russische, serbische und rumänische – stellten jedoch die Mehrheit der orthodoxen Christen in Europa dar.
Innerhalb Serbiens beschrieb Nemet die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und der mehrheitlich orthodoxen SOK als „gut, könnte noch besser sein“. Man besuche sich gegenseitig zu Festlichkeiten und Anliegen. „Teilnehmen bedeutet noch nicht gemeinsam zu beten. Das ist noch immer kein Thema, aber […] unsere Anwesenheit zeigt, dass es wichtig für uns ist.“
Proteste, Gerechtigkeit und das Schweigen der Kirche
Zu den Protesten haben sich die katholische Kirche und die muslimische Gemeinschaft Serbiens klar positioniert: Beide Religionen hätten ihre Stimme erhoben und erklärt, dass sie in einem Land leben möchten, in dem „Frieden und Gerechtigkeit herrscht“, so der Kardinal. Die zuständigen Gremien sollten unabhängig von politischen Problemen an der Aufklärung der Schuldigen arbeiten.
Die Serbisch-Orthodoxe Kirche habe sich hingegen „offiziell noch nie gemeldet“ oder Stellung bezogen, so Nemet. Der Kardinal berichtete von einer stillen Spaltung: „Der niedrigere Klerus, der Kinder hat, ist viel mehr bei den Studenten. Weil ihre Kinder auf die Straße gehen, können sie nicht einfach sagen: ,Das interessiert uns nicht`.“
Die Hoffnung der Jugend
Kardinal Nemet deutete die Proteste auch als Generationskonflikt, da in Serbien traditionell Studenten Proteste anführten, während die ältere Generation oft noch vom Staat abhänge und in ihrer Reaktion „begrenzt“ sei.
Als Hoffnungsschimmer sieht der Kardinal die „einmalige Energie, Freude und Hoffnung“, die die studentische Bewegung aufgebracht habe. Er verglich die Euphorie mit historischen Ereignissen wie der Wahl von Papst Johannes Paul II. in Polen oder der „Rosenkranz-Revolution“ auf den Philippinen.
Nemet schloss mit einem eindringlichen Appell: „Ich bin sicher, dass die Jugend […] eine neue Generation ist, die etwas machen möchte für das Wohl des ganzen Kontinents. Und das dürfen wir nicht verpassen.“
(vatican news)
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