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Wiens neuer Erzbischof Josef Grünwidl bei der Pressekonferenz zur Ernennung (Foto: Erzdiözese Wien) Wiens neuer Erzbischof Josef Grünwidl bei der Pressekonferenz zur Ernennung (Foto: Erzdiözese Wien) 

Grünwidl: Werde meinen Weg gehen - Vision statt Resignation

Der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl und sein Vorgänger im Amt, Kardinal Christoph Schönborn, haben sich am Freitag bei einer Pressekonferenz geäußert. Dabei sagte Grünwidl, er werde seinen eigenen Weg gehen. Drei Begriffe wählte Grünwidl, um sich selbst zu beschreiben: Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

„Ich habe mir fest vorgenommen, dass ich auch als Erzbischof nicht im Management und in Verwaltungsaufgaben untergehe, sondern dass ich Seelsorger bleibe. Dass ich immer wieder nicht nur an Sonntagen bei Pfarrbesuchen, sondern auch sonst immer wieder hinausgehe und bei den Armen und den Kranken und auch bei Kindern und Jugendlichen sein kann und auf diese Weise den Kontakt halte", führte Josef Grünwidl aus.

Zum Thema Teamplayer sagte er: „Ich sehe mich als einer, der im Gespräch ist, der den synodalen Weg, den Papst Franziskus der Kirche verordnet hat, gerne mitgeht. Papst Leo trägt diesen Kurs auch weiter. Ich denke, das ist ein Weg, der uns in die Zukunft führt. Aufeinander hören. Jede Stimme ernst nehmen? Natürlich. Irgendwer muss dann auch eine Entscheidung treffen. Das wird dann meine Aufgabe sein. Aber es braucht dieses Anhören. Es braucht das Gespräch. Wir gestalten Kirche nicht vom Erzbischof herunter, sondern miteinander. Ich sehe mich als Teamplayer."

Zum Hören: Der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl und sein Vorgänger im Amt, Kardinal Christoph Schönborn, bei der Pressekonferenz zur Ernennung (Audio-Beitrag von Radio Vatikan)

„Einer, der im Gespräch ist, der den synodalen Weg, den Papst Franziskus der Kirche verordnet hat, gerne mitgeht. Papst Leo trägt diesen Kurs auch weiter. Ich denke, das ist ein Weg, der uns in die Zukunft führt. Aufeinander hören“

Mit Blick auf das dritte Stichwort seiner Selbstbeschreibung, Brückenbauer, würdigte Grünwidl auch Christoph Schönborn, seinen Vorgänger im Amt, der bei der Pressekonferenz neben ihm saß: „Herr Kardinal, du bist mir in dieser Hinsicht ein ganz großes Vorbild als Brückenbauer. Ein Hauptdienst des Erzbischofs ist ja, für die Einheit zu sorgen. Oft ist es schon in der römisch-katholischen Bandbreite gar nicht so einfach, Einheit zu schaffen und die Einheit zu bewahren. Auch da möchte ich versuchen, mit den verschiedenen Gruppen und auch Ansichten gut im Gespräch zu bleiben, innerkirchliche Einheit zu leben und Brücken zu bauen und natürlich auch im ökumenischen Dialog, im interreligiösen Gespräch. Ich durfte in den vergangenen neun Monaten schon sehr viel schöne ökumenische und interreligiöse Begegnungen erleben und auch schon Kontakte knüpfen. Ich denke, da sind wir gerade in Österreich und speziell auch in Wien auf einem sehr guten Weg, den ich gerne weitergehen möchte. Aber es geht natürlich auch um Brücken, nicht nur innerkirchliche oder innerchristlich, sondern auch um Brücken, die ich nach außen schlagen möchte. Kirche ist ja kein Selbstzweck, sondern soll Sauerteig sein für die Welt, für die Gesellschaft."

„Innerkirchliche Einheit leben und Brücken bauen, natürlich auch im ökumenischen Dialog“

Er wolle im Dialog mit allen stehen - auch mit der Politik - und dabei auch die Armen nicht vergessen, betonte Grünwidl unter Berufung auf das erste Schreiben von Papst Leo XIV. „Dilexi te".

„Der Schrei der Armen hinterfragt die Praxis der Kirche. Und ich sage es auch konkret: Er hinterfragt mich als Amtsträger in der Kirche ständig. Ich möchte mich sehr bemühen, dass ich Kontakte mit den Armen habe und auch weiter halten kann“

„Er nennt es eine apostolische Exportation, eine Ermahnung, einen Aufruf, die Armen nicht zu vergessen. Und Papst Franziskus hat diesen Weg vorgezeichnet. Ich bin sehr dankbar, dass Papst Leo ihn weitergeht. Und ich möchte nur einen Satz aus diesem päpstlichen Schreiben zitieren, der mir sehr wichtig ist. Die Lebenssituation der Armen ist ein Schrei, der die Praxis der Kirche ständig hinterfragt. Und ich sage es auch konkret: Er hinterfragt auch mich als Amtsträger in der Kirche ständig. Ich möchte mich sehr bemühen, dass ich Kontakte mit den Armen habe und auch weiter halten kann. Jeden Tag, wenn ich über den Stephansplatz gehe, treffe ich Arme. Manche Menschen schlafen hier in der Nacht rund um den Dom in den Nischen. Ich danke allen, die diesen Weg mitgehen und mich unterstützen. Natürlich geht es aber nicht nur um den Kontakt zu den Armen, sondern auch in die Gesellschaft hinein. Im Gespräch mit Politik, mit Medien, mit den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Da sehe ich mich nicht als einer, der ständig Kommentare zum politischen Tagesgeschehen abgibt. Aber ich denke, die Stimme der Kirche und wahrscheinlich auch die Stimme des Erzbischofs von Wien ist wichtig."

„Im Gespräch mit Politik, mit Medien, mit den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Da sehe ich mich nicht als einer, der ständig Kommentare zum politischen Tagesgeschehen abgibt. Aber ich denke, die Stimme der Kirche und wahrscheinlich auch die Stimme des Erzbischofs von Wien ist wichtig“

Grünwidl zu Zölibat und Rolle der Frau

Der frisch ernannte neue Erzbischof von Wien bekräftigte seine bereits bekannte Position für eine freiwillige Entscheidung zum Zölibat und für Offenheit beim Thema Frauenweihe - diese Frage könne seiner Meinung nach aber nur bei einem ökumenischen Konzil wirklich geklärt werden. 

„Ich werde nicht den Zölibat abschaffen oder Frauen weihen - aber könnte sich da nicht etwas ändern? Ich meine, es sollte sich etwas ändern", sagte Grünwidl bei der Pressekonferenz der Erzdiözese Wien. Zölibatäres Leben sei wichtig, aber er sei für eine Entkopplung von ehelosem Leben als Voraussetzung für das Priesteramt, bekräftigte Grünwidl. Er glaube zwar nicht, dass dann junge Männer der Kirche die Türen einrennen würden, „aber ich sehe den Vorteil darin: wir hätten dann Menschen, die ihre Berufung zum Priester leben können und dabei auch einen Lebensstand wählen dürfen, der ihnen entspricht und der sie glücklich macht."

Er betonte auch: „Zölibatäres Leben ist wichtig und wird es in der Kirche immer geben und soll es geben, aber auf freiwilliger Basis auch für Priester. Das wäre meine Meinung. Ich weiß aber natürlich, ich kann das als Erzbischof von Wien nicht ändern. Das ist eine Entscheidung der Kirche, keine Glaubensentscheidung, sondern eine kirchenrechtliche Regelung, die es seit einigen Jahrhunderten bei uns gibt."

„Ich werde nicht den Zölibat abschaffen oder Frauen weihen, aber könnte sich da nicht etwas ändern? Ich meine es sollte sich etwas ändern“

Zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche sagte Grünwidl, mit der Weltsynode sei dieses Thema „endgültig und ganz deutlich in der Kirche angekommen". Kardinal Schönborn habe oft berichtet, dass durch die Teilnahme von Frauen an den Gesprächen und Entscheidungsprozessen eine ganz andere Stimmung geherrscht habe und auch eine ganz neue Qualität in die Gespräche gekommen sei.

„Ich glaube, es gibt viele Ebenen und viele Möglichkeiten, die jetzt schon vom Kirchenrecht vorgesehen sind, die wir noch zu wenig oder gar nicht nutzen. Dass Frauen das Leben in den Pfarren zum Großteil tragen und dass es vor allem Frauen sind, die sich engagieren, mitarbeiten und und sich einbringen, um Kirche lebendig zu halten - ich glaube, darüber herrscht Einigkeit. Was ich noch sehr ausbaufähig finde: Dass Frauen nicht nur mitarbeiten, sondern dass Frauen auch in Entscheidungsgremien mit eingebunden werden."

„Was ich noch sehr ausbaufähig finde: Dass Frauen nicht nur mitarbeiten, sondern dass Frauen auch in Entscheidungsgremien mit eingebunden werden“

Als Administrator das Diözese habe er das Leitungsteam erweitert und drei Frauen in dieses Gremium geholt, berichtete Grünwidl. Dies sei vielleicht eine Symbolhandlung „aber es war mir wichtig, dass nicht nur Männer Entscheidungen treffen. Und in diesem Zusammenhang kann ich mir auch gut vorstellen, dass Papst Leo vielleicht sagt, im Kardinalskollegium, es reden immer nur Männer miteinander... Wäre es nicht möglich, auch in das engste Entscheidungsgremien des Papstes Frauen mit hereinzuholen?"

Mit Blick auf das Thema Frauenweihe betonte der designierte Erzbischof von Wien: „Ich denke, das ist weltkirchlich zur Zeit kein brennendes Thema. Das ist bei uns in Westeuropa, habe ich so den Eindruck,  eine Frage, die immer wieder auftaucht und gestellt wird. Auch da kann ich mir vorstellen, dass es Veränderungen gibt. Ich würde das auch begrüßen, aber - da sind wir uns auch einig - das wäre eine derartige Veränderung in einer 2000-jährigen Tradition unserer Kirche, dass diese Entscheidung und diese Frage nur bei einem ökumenischen Konzil geklärt werden kann. Ich sage aber noch einmal dazu: Ich kann mir auch das vorstellen, dass das Frauen auch ins Weiheamt aufgenommen werden."

Einige Herausforderungen - alles mit Hoffnung und Zuversicht gemeinsam angehen

„Ich möchte nicht verschweigen, dass wir auch vor großen Herausforderungen und Problemen stehen. Aber mir ist immer wichtig, die Kirche nicht nur mit dieser Problembrille oder mit dem mit dem Schild Mangelmanagement zu sehen“

Zum Thema sinkende Mitgliederzahlen und wie er wieder mehr Menschen zur katholischen Kirche bringen wolle, sagte Grünwidl: „Gehen wir auf Menschen zu und bieten wir ihnen das Evangelium oder auch unsere Gemeinschaft in der Kirche an, öffnen wir ihnen die Räume mit einem Willkommen und Entgegengehen, nicht nur warten, bis die Menschen zu uns hereinkommen. Und dann werden sie vielleicht sogar manchmal auch unfreundlich behandelt oder mit ihren Anliegen nicht wahrgenommen. Ich glaube, es kommt auf das ,Wie' an. Wir haben eigentlich alles, was wir brauchen. Das hat uns Jesus mitgegeben. Und wir sind in Österreich auch mit Kunst und Kultur, mit Räumen der Stille, mit Begegnungsmöglichkeiten, die es in den Pfarren, in den Ordensgemeinschaften, in den religiösen Bewegungen gibt, gesegnet. Nutzen wir diese Möglichkeiten und gehen wir mit diesem Angebot auf Menschen zu."

Kirche muss „spiritueller Nahversorger" bleiben

Auch darauf, dass die Pfarreistrukturen sich ändern müssen, ging Grünwidl bei der Pressekonferenz ein. Es sei kein Geheimnis, dass die finanziellen und personellen Ressourcen in der Erzdiözese Wien knapper werden. Die große Sorge seien für ihn aber nicht die Strukturfragen. Ihm gehe es mehr darum, wie der Glaube lebendig bleiben könne,

„dass Kirche wirklich ein spiritueller Nahversorger bleibt. Die Kirche soll im Dorf bleiben. (...) Es ist nicht so, dass wir in der Erzdiözese Wien vorhaben, hunderte Kirchen zu schließen oder zu verkaufen. Es wird einzelne Einschnitte geben, die uns wehtun.Also die Strukturfrage: Wir sind ja schon seit einigen Jahren in einem Prozess, den wir nennen: Priorisieren, finanzieren - er wird uns weiter beschäftigen. Ich sehe das aber nicht als unser Hauptproblem, sondern das Hauptproblem ist einfach auch die demografische Entwicklung. Mitgliederschwund hat auch wieder viele, viele Wurzeln und Ursachen. Und wie können wir, wie kann ich als auch als Erzbischof, dazu beitragen, das in unseren Gemeinden und Gemeinschaften die Stimmung nicht kippt? Ich sage immer: Vision statt Resignation. Mit Hoffnung auch diese Herausforderungen angehen."

„Ich sage immer: Vision statt Resignation. Mit Hoffnung auch diese Herausforderungen angehen“

Grünwidl betonte: „Ich möchte nicht verschweigen, dass wir auch vor großen Herausforderungen und Problemen stehen. Aber mir ist immer wichtig, die Kirche nicht nur mit dieser Problembrille oder mit dem Schild ,Mangelmanagement' zu sehen. Die Kirche ist lebendig. Und meine Aufgabe ist es - und so so sehe ich mich auch als Seelsorger, als Teamplayer, als Brückenbauer - Hoffnung zu machen, im Wissen darum: Es geht um die Melodie des Evangeliums, die wir den Menschen ins Ohr und ins Herz pflanzen wollen, eine Melodie der Hoffnung und der Zuversicht. Dafür stehe ich." Grünwidl ist auch studierter Kirchenmusiker, immer wieder griff er in der Pressekonferenz das Thema der Musik auf. 

Nicht in den Fußstapfen von Kardinal Schönborn

Mit Blick auf seinen Vorgänger im Amt, Kardinal Christoph Schönborn, erklärte der neue Erzbischof von Wien: „Der Herr Kardinal hat das 30 Jahre lang auf eine großartige Weise mit seinen Stärken und Fähigkeiten gemacht. Ich habe nicht vor, in seinen Fußstapfen zu gehen, sondern ich habe vor, meinen Weg zu gehen. Ich bin nicht Christoph Schönborn, sondern Josef Grünwidl und ich werde das auf meine Art und Weise machen. Natürlich bin ich sehr dankbar, dass du, Herr Kardinal, da bist und auch jetzt in den vergangenen neun Monaten, dass immer wieder auch jemand an meiner Seite war, den ich fragen konnte. Und so wird es auch in Zukunft bleiben: Wenn wir das Gefühl haben, dass hier ein Gespräch oder auch ein Ratschlag oder eine Kommunikation gut und hilfreich sein kann."

 Josef Grünwidl, designierter Erzbischof von Wien, und sein Vorgänger im Amt, Kardinal Christoph Schönborn
Josef Grünwidl, designierter Erzbischof von Wien, und sein Vorgänger im Amt, Kardinal Christoph Schönborn

„Der Herr Kardinal hat das 30 Jahre lang auf eine großartige Weise mit seinen Stärken und Fähigkeiten gemacht. Ich habe nicht vor, in seinen Fußstapfen zu gehen, sondern ich habe vor, meinen Weg zu gehen. Ich bin nicht Christoph Schönborn, sondern Josef Grünwidl und ich werde das auf meine Art und Weise machen“

Schönborn hielt sich bei der Pressekonferenz kurz: „Sie haben Josef Grünwidl gehört. Jetzt verstehen Sie, warum ich mir gewünscht habe, dass er mein Nachfolger wird."

Am Ende sagte Schönborn dann noch, mit Blick auf die Bischofsweihe Grünwidls, die am 24. Januar 2026 geplant ist: „Die Kirche lebt sehr stark von Symbolen und mit Symbolen. Und natürlich: Für mich wird der große Moment sein, wenn ich dir den Bischofsstab in der Bischofsweihe überreichen darf. Das ist für mich das Symbol der Kontinuität. Aber auch,  der Hoffnung für die Zukunft. "

(vatican news - sst) 

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17. Oktober 2025, 13:51