Sudan: Weltkirchenrat verurteilt Kriegsgräuel
Die Berichte aus der Regionalhauptstadt El Fasher (Al-Fashir) deuteten auf ethnisch motivierte Massenmorde, andere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie weitreichende Zerstörungen hin, sagte Weltkirchenrat-Generalsekretär Jerry Pillay in Genf. Im Namen des ÖRK forderte Pillay die internationale Gemeinschaft, die Afrikanische Union und regionale Organisationen mit Nachdruck zu mehr Anstrengungen für ein Ende der Gewalt und angemessene humanitäre Hilfe für die Menschen auf.
El Fasher war am Wochenende von den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) eingenommen worden. Die Kämpfe halten an. Laut UNHCR sind Flüchtende Erpressung, Raub, willkürlicher Haft und Schikanen ausgesetzt. Frauen und Mädchen erlitten sexuelle Gewalt durch Milizionäre. Es gebe Nachrichten von Exekutionen in El Fasher. Viele säßen ohne Möglichkeit zur Flucht in der Stadt fest.
Dramatische Szenen in El Fasher
Zuletzt sollen bei einem Angriff auf eine Geburtsklinik nach Informationen der Weltgesundheitsorganisation WHO mehr als 460 Menschen getötet worden sein. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus schrieb am Mittwoch auf der Plattform X, die WHO sei „entsetzt und zutiefst schockiert über die Berichte über den tragischen Tod von mehr als 460 Patientinnen und Begleitpersonen“. Patienten, Gesundheitspersonal und Gesundheitseinrichtungen müssten gemäß dem humanitären Völkerrecht unverzüglich geschützt werden, forderte die WHO.
ÖRK-Generalsekretär Pillay beklagte angesichts von Berichten über Drohnenattacken, Artilleriefeuer und Angriffe auf zivile Gebiete, darunter Flüchtlingslager und Notunterkünfte, die „verheerende Eskalation des menschlichen Leids in der Region“. Der Weltkirchenrat verwies auch auf einen Angriff auf eine Moschee im Stadtteil Al-Daraja in El Fasher, wo Vertriebene Schutz gesucht hätten. „Solche Handlungen sind moralisch nicht zu rechtfertigen und stellen schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte dar“, sagte Pillay.
„Menschen werden abgeschlachtet“
Die RSF-Miliz liefert sich seit zweieinhalb Jahren erbitterte Kämpfe mit den sudanesischen Streitkräften (SAF). Keine der beiden Kriegsparteien ist legitimiert. Marina Peter, Vorsitzende des Sudan- und Südsudan-Forums in Deutschland, sprach angesichts der Lage im Sudan gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor wenigen Tagen von der größten humanitären Katastrophe der Welt, die sich weiter zuzuspitzen drohe. „Es ist katastrophal. Die Menschen werden abgeschlachtet“, sagte die Sudan-Expertin.
Die Wurzeln des Krieges gehen zurück bis in die Kolonialzeit. Grenzen wurden willkürlich gezogen. Mit Khartum entstand ein starkes Zentrum; bestimmte Eliten wurden gefördert. Doch drumherum: viel Armut und mangelnde Bildung. Auch komme, so Peter, die Frage nach der Identität hinzu. „Der Sudan wurde als ‚arabisches Land‘ angesehen. Dabei gibt es auch schwarz-afrikanische Bevölkerung im Land.“ Bereits 2011 wurde der Südsudan unabhängig; das führte auf keiner Seite der Grenze zu Entspannung, im Gegenteil.
Zwölf Millionen Menschen auf der Flucht
Einen kurzen Hoffnungsschimmer gab es 2019, als Langzeitherrscher Omar al-Baschir nach Massenprotesten zum Rücktritt gezwungen wurde. Während der Übergangszeit unter Abdala Hamdok als Ministerpräsident putschte 2021 General Abdel Fattah al-Burhan, damals noch gemeinsam mit dem RSF-Kommandeur Mohamed Hamdan Daglo. Doch interne Machtkämpfe eskalierten und führten ab April 2023 in den aktuellen Krieg.
Mittlerweile sind nach Angaben der Vereinten Nationen rund zwölf Millionen Menschen auf der Flucht. Zehntausende starben in den vergangenen zweieinhalb Jahren. Mehr als 30 Millionen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen; vielerorts ist die Gesundheitsversorgung komplett zusammengebrochen; rund 14 Millionen Mädchen und Buben gehen nicht mehr in die Schule.
(kap – sk)
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