„Müssen wir bis zum jüngsten Tag warten?“
„Die Möglichkeit einer Zulassung von Frauen zum sakramentalen Diakonat bleibt zwar grundsätzlich offen, aber weitere theologische und pastorale Vertiefungen sind notwendig“, so die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende Ulrike Göken-Huismann. „Wir sind der Meinung, dass alles theologisch Notwendige und Wichtige zu diesem Thema bereits umfangreich vorliegt.“
Auch in theologischer Hinsicht liege schon „alles auf dem Tisch“: „Wie oft sollen wir noch vertröstet werden mit dem Hinweis auf weitere notwendige Forschungen? Bis zum jüngsten Tag?“ Es sei „dringend an der Zeit, die Vielfalt von Berufungen sakramental anzuerkennen“. Göken-Huismann warnt, der Bericht der Kommission werde „für weiteren Auszug von katholischen Frauen aus ihrer Kirche sorgen“. Die kfd ist mit rund 265.000 Mitgliedern der größte katholische Frauenverband und einer der größten Frauenverbände Deutschlands.
„Die Diskussion ist nicht beendet, sie hat gerade erst begonnen“
Positiv auf den Bericht reagiert hingegen die Katholische Frauenbewegung Österreich (kfbö). Entgegen der verkürzten Darstellung als Ablehnung der Frauenweihe in manchen Medien sieht die kfbö in dem Bericht „tatsächlich ein deutlich komplexeres und wesentlich offeneres Bild“, er könnte sogar ein „kirchenpolitischer Wendepunkt“ werden: „Erstmals wurden sämtliche theologischen, historischen und pastoralen Argumente transparent dargelegt und erstmals ist klar dokumentiert, dass noch kein endgültiges Urteil möglich ist“, hieß es in einer Erklärung vom Freitag. „Die Diskussion ist nicht beendet, sie hat gerade erst begonnen“, so kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl.
Der am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichte Bericht mache deutlich, dass die entscheidenden Fragen nicht mehr hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Das zentrale dogmatische Argument, Frauen von der Weihe auszuschließen, weil Jesus ein Mann war, fand in der Kommission keine Mehrheit und endete in einem Patt von 5 zu 5 Stimmen. Ritter-Grepl sieht darin ein klares Signal: „Dieses Argument trägt nicht mehr. Spätestens seit das Abschlussdokument der Weltsynode ohne jeden Rückgriff auf Geschlechterstereotype auskommt, ist offensichtlich: Die Kirche bewegt sich theologisch weiter.“
Eine von 22 Gruppen
Von besonderer Bedeutung ist für die kfbö, dass auch die eingesandten Beiträge aus aller Welt in die Beratungen eingeflossen sind, wobei auch die kfb zu den im Bericht genannten 22 beteiligten Gruppen zählte. Damit werde erstmals sichtbar, dass die gelebten pastoralen Erfahrungen von Frauen sowie ihre theologischen und soziologischen Argumente ernst genommen werden, so Ritter-Grepl. „Wir begrüßen, dass die Stimme der Frauen in Österreich dokumentiert ist. Die Kirche hört und sie hält fest, was sie hört“, betonte die Vorsitzende.
Gegen weibliches „Sonderamt“
Dass es um ein „Sonderamt“ oder einen geschlechtergetrennten Weg gehen könnte, wies die kfbö zugleich deutlich zurück. „Wir wollen kein Frauen-Diakonat neben einem Männer-Diakonat. Es geht um gleiche sakramentale Teilhabe aus der Taufe und gleiche Verantwortung. Die Kirche darf nicht in alte Trennlinien zurückfallen“, so Ritter-Grepl. Die Veröffentlichung des Berichts zeige vielmehr, wie weit die kirchliche Debatte bereits gediehen sei und wie wichtig es sei, dass die nächsten Schritte nicht wieder in einer Logik der Sonderwege erfolgten.
Kritisch merkt die kfbö an, dass die Zusammensetzung der Kommission selbst nicht in einem synodalen Modus erfolgte. „Synodalität heißt nicht nur, Beiträge entgegenzunehmen. Synodalität heißt, gemeinsam zu entscheiden, mit Frauen auf Augenhöhe. Für die Zukunft brauchen wir strukturell verankerte Beteiligung, nicht punktuelle Konsultation.“
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) liest den Schlussbericht der päpstlichen Kommission zum Frauendiakonat als „eine Botschaft des Stillstands“. Das sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Donnerstag in Berlin. „Die Zukunft kann nicht mit diesem Stillstand beginnen.“ Dass Frauen in aller Welt immer noch keine positive Antwort auf den Wunsch nach der Diakoninnenweihe erhalten, sei „desaströs“. „Mit Blick auf unsere Töchter und Enkelinnen frage ich: Woher sollen künftig die Frauen kommen, die sich in der katholischen Kirche engagieren? Wenn Frauen immer noch das Signal gegeben wird, sie seien Menschen zweiter Klasse?“
Der Theologe Thomas Söding, Vizepräsident des ZdK, sprach von einer „verpassten Chance“. Es sei allerdings bemerkenswert, dass die Kommission gegen ein ‚Basta‘ plädiere, so Söding. Im Bericht würden die Pro-Argumente „fair benannt“.
„Hier wird so getan, als ob Jesus die Menschheit erlöst hätte, weil er ein Mann war“
Mit leichter Enttäuschung kommentiert die italienische Salesianerin Linda Pocher die Meldungen vom Bericht der Kommission. „Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass das eher ein kulturelles als ein theologisches Problem ist“, sagte sie in einem Interview mit der Tageszeitung „La Repubblica“. Sie habe eigentlich gehofft, dass sich die Kommission mehr Zeit nehmen würde: „Wenn man mit etwas zu große Eile hat, dann entstehen nur Polarisierungen“. Pocher hatte vor dem Kardinalsrat des verstorbenen Papstes Franziskus (2013-25) eine Vortragsreihe zur Rolle von Frauen in der Kirche organisiert.
„Hier wird so getan, als ob Jesus die Menschheit erlöst hätte, weil er ein Mann war“, so Pocher wörtlich. „Er war aber auch ein Jude – muss jemand, der ihn repräsentiert, also Jude sein?“ Auf den Hinweis, dass das Diakonat die erste Stufe des Weiheamtes ist (die beiden anderen sind Priestertum und Bischofsamt), wendete sie ein: „Das Konzil hat ja einen Ständigen Diakonat wiedereingerichtet, zu dem nur verheiratete Männer Zugang haben. Aber wenn es einen Diakonat dieser Art gibt, als Dienst an der Gemeinschaft, warum sollen die Frauen dann dazu keinen Zugang haben?“ Positiv vermerkt die Ordensfrau allerdings die Transparenz, mit der die Kommission ihre Abstimmungsergebnisse veröffentlicht habe.
Nach „Wir sind Kirche“ Deutschland hat sich mittlerweile auch der österreichische Verband von Kirchenreform-Bewegungen geäußert. Er spricht von einer „beschämenden Beschwichtigungs- und Vertröstungstaktik“. Die Weltsynode habe gezeigt, dass die Rolle und Diskriminierung der Frauen in der Kirche weltweit „als drängendes Problem“ erlebt würden. „Dieses Problem wird sich weiter verschärfen.“ Der Verband befürchtet einen weiteren Exodus von Frauen aus der Kirche, aber auch, dass das Weiheamt an sich Schaden nimmt. „Denn in einer aufgeklärten Gesellschaft wird kein Amt überleben können, welches in sich geschlechterdiskriminierend ist.“
(vatican news – sk)
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